Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Verdeckte Gewinnausschüttung durch Ausgabe von Darlehen von einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

1. Dezember 2021


Mit seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 9.6.2021 hat das FG Münster (Az. 13 K 668/19 E) entschieden, dass





  • es zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) bei einem Gesellschafter auch dann kommen kann, wenn eine Kapitalgesellschaft an diesen ein von vornherein nicht ernstlich vereinbartes Darlehen ausreicht.




  • ein Vermögensvorteil zu Gunsten des Gesellschafters vorliege, wenn bereits bei Darlehensauszahlung auf Grund der wirtschaftlichen Situation des Gesellschafters mit einer Rückzahlung der „Darlehensbeträge“ nicht gerechnet werden könne, da in diesem Fall der Darlehensgewährung von vornherein kein Gegenwert gegenüberstehe und davon auszugehen ist, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nicht begründet werden solle.




Im konkreten Fall stritten die Beteiligten über die Erfassung von vGA bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Streitjahr 2012. Mit Gesellschaftsvertrag aus 2010 hatte die Stpfl. die L-UG (haftungsbeschränkt) gegründet, deren alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin sie war. Im Dezember 2010 (genaues Datum im Urteil geschwärzt) wurde über das Vermögen der Stpfl. das Insolvenzverfahren eröffnet; bei Insolvenzeröffnung bestanden ungedeckte Verbindlichkeiten i.H.v. rd. 436 T€.





Am 15.12.2010 schloss die Stpfl. als Darlehensnehmerin mit der UG als Darlehensgeberin einen Darlehensvertrag u.a. mit dem Inhalt, dass die UG der Stpfl. ein variables Darlehen gewähre, das mit 4 % zu verzinsen sei. Zins- und Tilgungs-leistungen waren vertragsgemäß erst ab dem 1.2.2017 zu leisten; Sicherheiten wurden nicht vereinbart. Die Stpfl. erhielt in den Jahren 2011 bis 2018 Darlehensauszahlungen, das Darlehen valutierte in der Spitze mit rd. 157 T€.





Im Zuge einer Betriebsprüfung gelangte die FinVerw zu dem Ergebnis, das von der UG an die Stpfl. ausgereichte Darlehen stelle eine vGA dar. Das Darlehen sei auf Grund des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Stpfl. (bei dem der Stpfl. die Restschuldbefreiung gem. § 300 InsO erteilt worden war) sowie auf Grund des Verzichts auf die Gestellung von Sicherheiten bereits bei der Hingabe uneinbringlich gewesen. Dabei berücksichtigte die FinVerw auch, dass die vertraglichen Vereinbarungen zur Verzinsung, Tilgung und Besicherung des Darlehens nicht fremdüblich gewesen seien. In der Folge rechnete die FinVerw der Stpfl. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. zunächst rd. 64 T€ zu.





Das FG hat die Klage dagegen abgewiesen und – verkürzt dargestellt – folgende Aspekte hervorgehoben:





  • So führe die Ausreichung eines von vornherein nicht ernstlich vereinbarten Darlehens zu einem Vermögensvorteil beim Gesellschafter, und zwar bereits im Zeitpunkt der Hingabe der „Darlehensvaluta“.
  • Das Merkmal der Veranlassung des Vermögensvorteils durch das Gesellschaftsverhältnis entscheide sich in Darlehensfällen nicht nach der Verwendung der Mittel bzw. dem Zweck der Darlehensaufnahme, sondern nach den geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe (Verzinsung, Sicherheiten, Rückzahlungsrisiko) nach Maßgabe eines Fremdvergleichs.
  • Eine vGA könne im Zeitpunkt der Darlehensgewährung anzunehmen sein, wenn eine behauptete Darlehensvereinbarung zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter mangels Fremdüblichkeit nicht anzuerkennen ist, weil der Darlehensvertrag von Anfang an mangels nennenswerter Tilgungsleistungen und Zinszahlungen seitens des Gesellschafters nicht ernsthaft durchgeführt worden ist.
  • Das FG folgert u.a. aus dem Fehlen von Sicherheiten, dass das Darlehen von vornherein nicht ernstlich vereinbart war und dass bereits bei Darlehensauszahlung auf Grund der wirtschaftlichen Situation der Stpfl. mit einer Rückzahlung der „Darlehensbeträge“ nicht gerechnet werden konnte. Auf Grund des Fehlens von Sicherheiten sei auch die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu bejahen. Denn unter Berücksichtigung der ungedeckten Verbindlichkeiten i.H.v. rd. 436 T€ musste es bei Abschluss des Darlehens als aussichtslos erscheinen, dass das Darlehen zurückgezahlt werden würde. Der „Darlehensgewährung“ stand damit von vornherein kein Gegenwert gegenüber.




Hinweis:





Für die Praxis folgt aus diesem Urteil, dass bei Darlehensgewährungen an Gesellschafter sehr sorgfältig auf den Fremdvergleich geachtet und möglichst auch die Stellung von Sicherheiten vereinbart werden sollte.


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