Mit dem Begriff Mantelkauf wird der Kauf einer vermögenslosen, regelmäßig nicht mehr betriebenen Körperschaft, die sich nach dem Erwerb mit einem zumeist neuen Unternehmensgegenstand wirtschaftlich betätigt, bezeichnet. Dabei wird der inhaltsleere Mantel der vermögenslosen Körperschaft i.d.R. erworben, um die angesammelten Verluste steuerlich zu nutzen. Weil beim steuerlichen Verlustabzug aber der Grundsatz gelten soll, dass Verluste nicht auf andere Personen übertragbar sind, sondern nur von der Person steuerlich geltend gemacht werden können, die sie erlitten hat (Personenidentität), ist in § 8c KStG geregelt, dass bei einer Kapitalgesellschaft allein schon der Anteilseignerwechsel dazu führt, dass der Verlustabzug bei Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen von mehr als 50 % vollständig untergeht (wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber oder an diesem nahestehende Personen übertragen werden). Als Erwerber gilt dabei nach dem Gesetzestext auch „eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen“.
Zur Frage der Verfassungswidrigkeit dieser Regelung ist i.Ü. beim BVerfG schon seit 2017 unter dem Aktenzeichen 2 BvL 19/17 ein Verfahren anhängig; das FG Hamburg (als Vorinstanz) wertet diese Regelung jedenfalls als verfassungswidrig. Es ist davon auszugehen, dass (auch) das BVerfG diese Regelung der Übertragung von mehr als 50 % für verfassungswidrig erklären wird, so dass einschlägige Sachverhalte mit Verweis auf das anhängige Verfahren offengehalten werden sollten.
In diesem Kontext ist das – aus verfahrenstechnischen Gründen erst jüngst veröffentlichte – rechtskräftige Urteil des FG Köln vom 17.5.2018 (Aktenzeichen 10 K 2695/15) zu sehen, in dem sich das FG mit der Vorschrift zur Verlustabzugsbeschränkung gem. § 8c KStG befasst und dabei gegen die Auffassung der FinVerw u.a. entschieden hat,
- dass der unbestimmte Rechtsbegriff der Erwerbergruppe „mit gleichgerichteten Interessen“ in § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG verfassungskonform einschränkend auszufüllen ist,
- dass sich nach der Gesetzesbegründung ungeachtet des Trennungsprinzips (Ebene der Kapitalgesellschaft einerseits und des Anteilseigners andererseits) „die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners“ ändert und dass dann zuvor erwirtschaftete Verluste für das „neue wirtschaftliche Engagement“ des Erwerbers vollständig unberücksichtigt bleiben sollen,
- dass § 8c Satz 3 KStG mit der Absicht einer Missbrauchsverhinderung auf das „typische Erwerberquartett“ abstellt (Verlustmantel-Erwerb z.B. durch vier zu je 25 % beteiligte, einander nicht nahestehende Anteilserwerber, um hierdurch einem schädlichen Beteiligungserwerb zu entgehen und so die Verlustvorträge nutzbar zu machen),
- dass der Begriff der Erwerbergruppe „mit gleichgerichteten Interessen“ dahin zu verstehen ist, dass dieser ein Zusammenwirken der mehreren Erwerber beim Anteilserwerb an der Verlustgesellschaft zum Zwecke der personenübergreifenden Nutzbarmachung von Verlusten erfordert und diese Personen im Anschluss an den Erwerb (durch Stimmbindungsvereinbarungen, Konsortialverträge oder andere verbindliche Abreden) einen beherrschenden einheitlichen Einfluss bei der Verlustgesellschaft ausüben können
- dass die danach erforderlichen Abreden spätestens zum Erwerbszeitpunkt im Hinblick auf das spätere gemeinsame Beherrschen der Gesellschaft getroffen worden sein müssen, so dass entgegen der Auffassung der FinVerw die bloße Möglichkeit des Beherrschens nicht ausreicht.
Hinweis:
Da die Entscheidung des BVerfG hinsichtlich der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieser Verlustabzugsbeschränkung noch aussteht, ist die weitere Entwicklung aufmerksam zu beobachten; einschlägige Sachverhalte sollten offen gehalten werden.