Mit seinem Urteil v. 22.2.2023 (Az. I R 27/20) hat der BFH zur Frage der fremdüblichen Vergütung von Gesellschafterdarlehen (im Streitfall: Gesellschafterverrechnungskonto) entschieden,
– dass der Verzicht auf eine angemessene Verzinsung der auf einem Gesellschafterverrechnungskonto verbuchten Darlehensforderung einer GmbH zu einer vGA führen kann, und
– dass es dann, wenn keine anderen Anhaltspunkte für die regelmäßig gebotene Schätzung der fremdüblichen Zinsen erkennbar sind, nicht zu beanstanden ist, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und Darlehensnehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (sog. Margenteilung; Bestätigung der BFH-Rechtsprechung).
Im Streitfall unterhielt – vereinfacht dargestellt – eine GmbH ein Konto, auf dem Zahlungsbewegungen im Verhältnis zu ihrem beherrschenden Gesellschafter A (der zu 60 % beteiligt war) gebucht und verrechnet wurden und dessen Saldo auch gesondert im Jahresabschluss ausgewiesen wurde. Über dieses Konto wurden z.B. die auf dem Gehaltsverrechnungskonto nicht ausgeglichenen Gehaltsabschläge umgebucht, wobei sich für die Jahre 2000 bis 2014 durchgehend Salden zu Gunsten der GmbH (Forderungen) ergaben, die zunächst nicht verzinst wurden. Im Nachgang einer Außenprüfung wurde dann eine Verzinsung i.H.v. 4,5 % p.a. für 2000 bis 2004 erfasst, die dann auch bis 2013 fortgeführt wurde. In 2014 und 2015 erfolgte keine Verzinsung mehr, so dass das FA wiederum vGA ansetzte. Der BFH bestätigte dies und hob zum Ansatz der vGA der Höhe nach folgende Aspekte hervor:
– Bei der Ermittlung eines fremdüblichen Preises ist zu beachten, dass es häufig für die betreffende Leistung nicht den einen Fremdvergleichspreis, sondern eine Bandbreite von Preisen geben wird. In einem solchen Fall müsse bei der Berechnung der vGA von dem für den Stpfl. günstigsten Vergleichspreis ausgegangen werden.
– Gewährt die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter ein Darlehen, kommt der Ansatz einer vGA insoweit in Betracht, als der Kredit zinslos oder zu einem unangemessen niedrigen Zins gewährt werde. Davon sei auch auszugehen, wenn die Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto führe.
– Zur Bestimmung des angemessenen (fremdüblichen) Zinses ist vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden. Fremdpreis ist hierbei der Zins, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten.
– Bei Kreditgeschäften zwischen einer GmbH, die selbst keine Bankgeschäfte betreibt und als privater Darlehensgeber agiert, und ihrem Gesellschafter als privatem Darlehensnehmer, berechnet sich die für den Ansatz einer vGA erforderliche verhinderte Vermögensmehrung nach den in Rechnung gestellten Sollzinsen, wenn und soweit davon ausgegangen werden könne, dass der dem Gesellschafter zinslos überlassene Darlehensbetrag anderenfalls zur Kreditrückzahlung verwendet worden wäre.
– Hat die GmbH hingegen selbst keinen Kredit aufgenommen, so bildeten die banküblichen Habenzinsen die Unter- und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung.
– Wenn keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar sind, dann ist es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen.
Hinweis:
Der BFH hat damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und fortgeführt. Daher sollte in der Praxis sorgfältig auf die Verzinsung entsprechender Verrechnungskonten geachtet werden. Der BFH hat i.Ü. eine Bezugnahme auf statistische Daten der Deutschen Bundesbank ebenso wenig kritisiert wie einen Zinsaufschlag zu Gunsten der GmbH angesichts einer fehlenden Besicherung der Forderung. In der Praxis sollten die gewählten Zinssätze sorgfältig dokumentiert werden.