In Fortführung der Rechtsprechung des BFH hat das Schleswig-Holsteinische FG mit Urteil vom 28.5.2020 (Az. 1 K 67/17) entschieden, dass die nicht angemessene Verzinsung einer auf einem Verrechnungskonto ausgewiesenen Forderung der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter zu einer vGA in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung führen kann. Wenn die Gesellschaft selbst keine Kredite aufgenommen habe, so bildeten bei der Ermittlung des angemessenen Zinssatzes die banküblichen Habenzinsen die Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung. Der im Einzelfall angemessene Zinssatz sei innerhalb dieser Marge durch Schätzung zu ermitteln.
Im Streitfall hatte eine GmbH geklagt, deren Gesellschafter-Geschäftsführer 60 % der Anteile hielt. Die GmbH führte in ihrer Buchhaltung ein Konto, auf dem Zahlungsbewegungen im Verhältnis zum Gesellschafter-Geschäftsführer gebucht und verrechnet wurden und dessen Saldo gem. § 42 Abs. 3 GmbHG gesondert im Jahresabschluss der GmbH ausgewiesen wurde. Auf dieses Konto wurden zum einen in Erfüllung bilanzrechtlicher Vorgaben auf dem Gehaltsverrechnungskonto nicht ausgeglichene Gehaltsabschläge umgebucht, zum anderen wurden weitere Geschäftsvorfälle/Zahlungsflüsse erfasst. Zwischen den Jahren 2000 und 2015 ergab sich jeweils ein Saldo zu Gunsten der GmbH (i.H.v. regelmäßig über 160 T€ und bis zu 316 T€).
Eine Verzinsung der Beträge nahm die GmbH zunächst nicht vor, woraufhin das FA beginnend ab 2001 vGA wegen der Nichtverzinsung der Forderung ansetzte. Im Rahmen eines deswegen geführten finanzgerichtlichen Verfahrens verständigten sich die Beteiligten darauf, dass insofern ein Zinssatz von 4,5 % p.a. anzusetzen sei. Für die VZ 2005 bis 2013 einschließlich erklärte die GmbH entsprechende Zinserträge, welche als Forderungen gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer ebenfalls auf dem Verrechnungskonto erfasst wurden.
Für die Streitjahre 2014 und 2015 nahm die GmbH jedoch keine Verzinsung ihrer Forderungen gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer vor und begründete dies mit dem zwischenzeitlich negativ gewordenen gesetzlichen Basiszinssatz. Nachdem dem FA dies bekannt geworden war, erließ es Änderungsbescheide, in denen es vGA wegen der Nichtverzinsung der Forderungen berücksichtigte und dabei weiterhin einen Zinssatz i.H.v. 4,5 % p.a. zu Grunde legte. Im finanzgerichtlichen Verfahren änderte das FA allerdings seine Auffassung dahingehend, dass in Bezug auf die nach 2012 zugeführten Beträge von vornherein kein Darlehenscharakter vorgelegen haben solle, weil von vornherein keine Rückzahlung des Gesellschafter-Geschäftsführers an die GmbH zu erwarten gewesen sei. Das habe sich zum einen aus der Entwicklung des Kontos, dessen Saldo stetig angestiegen sei, und zum anderen aus der wirtschaftlichen Situation des Gesellschafter-Geschäftsführers in jener Zeit ergeben. Ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte darauf reagiert und jedenfalls keine weiteren Ausreichungen mehr vorgenommen. Es habe eine Ausbuchung der in den Streitjahren hinzugekommenen Forderungen zu erfolgen, wobei der Aufwand außerbilanziell durch entsprechende vGA zu egalisieren sei.
Das Schleswig-Holsteinische FG hat insoweit das Vorliegen einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bejaht, da – wegen der Nichtverzinsung der Forderungen – eine verhinderte Vermögensmehrung vorliege; denn schließlich würden für Verrechnungskonten dieselben Grundsätze wie für Darlehensgewährungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter gelten. Hinsichtlich der Höhe der verhinderten Vermögensmehrung sei zunächst zu prüfen, ob die Gesellschaft selbst Kredite aufgenommen hat. Bejahendenfalls berechne sich die durch die erfolgte Nichtverzinsung verhinderte Vermögensmehrung der Höhe nach grundsätzlich nach den der Gesellschaft in Rechnung gestellten Sollzinsen, wenn und soweit davon ausgegangen werden kann, dass der dem Gesellschafter zinslos überlassene Darlehensbetrag von der Gesellschaft andernfalls zur Kreditrückzahlung verwendet worden wäre.
Andernfalls sei zwischen den banküblichen Habenzinsen als Untergrenze und den banküblichen Sollzinsen als Obergrenze eine Schätzung vorzunehmen, wobei (wenn keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar seien) davon ausgegangen werden könne, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung – unter ausdrücklicher Abweichung vom Margenteilungsgrundsatz – eine Bandbreitenbetrachtung vorgenommen worden sei, betrafen die entschiedenen Sachverhalte Darlehensgewährungen der Gesellschafter an ihre Gesellschaft zu Konditionen, die nicht oder nur geringfügig über den maximal möglichen Sollzinsen der Banken für Kredite lagen.
Zur Rechtmäßigkeit der vom Finanzamt vorgenommenen Ausbuchung der Forderung und der außerbilanziellen Hinzurechnung als vGA in entsprechender Höhe traf das FG keine Aussage. Auf Grund der insoweit gegenläufigen Auswirkung blieb die Höhe der Steuerfestsetzung davon nämlich unberührt.
Hinweis: Da das FG die Revision zugelassen hat (Az. des BFH: I R 27/20), ist die weitere Rechtentwicklung aufmerksam zu beobachten. Eine Änderung der Rechtsprechung erscheint allerdings wenig wahrscheinlich, so dass für entsprechende Verrechnungskonten regelmäßig auch eine Verzinsung vereinbart und durchgeführt werden sollte. Das besprochene Urteil gibt hilfreiche Leitlinien zur Bestimmung der angemessenen Verzinsung, die über den entschiedenen Fall hinaus Bedeutung haben.