Mit seinem rechtskräftigen Urteil vom 19.3.2024 hat das FG Köln (Az. 4 K 2717/09) zur Problematik der Änderung von Steuerbescheiden bei vGA oder verdeckter Einlage entschieden, dass die Vorschrift des § 32a Abs. 1 Satz 2 KStG zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich unzulässigen echten Rückwirkung verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass es die rückwirkend eintretende Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung gem. § 32a Abs. 1 Satz 2 KStG nicht ermöglicht, eine bei dem Inkrafttreten des § 32a KStG am 19.12.2006 bereits festsetzungsverjährte ESt-Festsetzung (gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen ist) noch zu ändern.
Im Streitfall waren – verkürzt dargestellt – die zusammen veranlagten Stpfl. zu jeweils 50 % Gesellschafter einer GmbH. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung ging die FinVerw davon aus, dass im Rahmen der Körperschaftsteuer 1998 eine vGA i.H.v. rd. 827 TDM zu berücksichtigen sei. Die insoweit festgestellte Gewinnminderung bei der GmbH sollte sich aus der Differenz zu dem niedrigeren Marktwert eines von der GmbH mit Kaufvertrag aus 1998 erworbenen unbebauten Villengrundstücks zum geleisteten Kaufpreis ergeben. Das FA änderte am 1.4.2008 die Einkommensteuerfestsetzung 1998 der Stpfl. gem. § 32a KStG, indem es die vGA als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasste. Die Stpfl. bestritten die Anwendbarkeit des § 32a KStG auf Grund der für die Einkommensteuer bereits eingetretenen Festsetzungsverjährung.
Das FG Köln hat diese Auffassung bestätigt, nach der vorliegend der Änderung der ESt-Festsetzung der Stpfl. der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegensteht:
– Im Streitfall sei die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO am 31.12.2004 abgelaufen, sie sei damit im Zeitpunkt des Ergehens des Änderungsbescheides im April 2008 bereits verstrichen gewesen.
– Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO sei nicht eingetreten (käme bei Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung in Betracht).
– Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO (nach der vor Eintritt der Verjährung beim Stpfl. mit einer Außenprüfung begonnen worden sein muss) komme im Streitfall nicht zum Zuge, da die Prüfungsanordnung sich nur gegen die A-GmbH gerichtet hatte (nicht aber gegen die Stpfl.).
Nach Überzeugung des FG kommt die Anwendung des § 32a KStG ohnehin nur in den Fällen in Betracht, in denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war. Anderenfalls, so das FG, „läge auf Grund der damit verbundenen echten Rückwirkung und in Ermangelung besonderer Rechtfertigungsgründe ein verfassungswidriger Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz des Vertrauensschutzes vor“.
Hinweis:
In einschlägigen Praxisfällen sollte in jedem Fall geprüft werden, ob eine von der FinVerw angestrebte Änderung nach § 32a KStG einen Einkommensteuerbescheid betrifft, der bei Inkrafttreten dieser Norm am 19.12.2006 bereits festsetzungsverjährt war – in derartigen Fällen ist eine Änderung nach § 32a KStG ausgeschlossen. Bereits höchstrichterlich geklärt sind i.Ü. die Sachverhalte, in denen ein Körperschaftsteuerbescheid vor dem 19.12.2006 geändert wurde – in diesen Fällen kann § 32a KStG nicht für eine Änderung auf Ebene des Anteilseigners herangezogen werden.