Der Bundesfinanzhof stellt mit Urteil vom 23.10.2019 (Aktenzeichen VI R 1/18) einschränkend fest, dass Aufwendungen für eine Wohnung nur dann als vorab entstandene Werbungskosten einer doppelten Haushaltsführung abziehbar sind, wenn der Stpfl. endgültig den Entschluss gefasst hat, die Wohnung zukünftig im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung zu nutzen. Ob dies der Fall ist, ist auf Grund einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.
Im Urteilsfall hatte die Stpfl. zunächst eine Wohnung am Arbeitsort in X. Nach der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2010 beantragte die Stpfl. Elternzeit und zog zu ihrem Lebensgefährten (L) nach Y. Die Wohnung in X kündigte die Stpfl. zunächst nicht. Ende des Jahres 2010 zogen die Stpfl. und L zusammen nach Z, wo L eine Stelle antrat. Seit Anfang des Streitjahres 2011 war die Stpfl. in Z als Ärztin an einer Klinik in Teilzeit tätig und beendete ihre Habilitation. In X betreute die Stpfl. im Streitjahr noch ein zu Ende gehendes Forschungsprojekt. Sie hielt sich deshalb an etwa zwei Tagen pro Monat in ihrer dortigen Wohnung auf. Einkünfte aus der Betreuung des Forschungsprojekts erzielte die Stpfl. nicht. Im März 2012 schloss die Stpfl. mit der A-Klinik einen Arbeitsvertrag über eine Vollzeitstelle ab dem 1.4.2012. Im April 2012 kündigte sie ihre Wohnung in X und im Dezember 2012 auch ihr dortiges Arbeitsverhältnis. Im Laufe des Jahres 2013 verlegten die Stpfl. und L ihre gemeinsame Familienwohnung nach A. Die Aufwendungen für die Wohnung in X machte die Stpfl. für das Streitjahr 2011 auch im Einspruchsverfahren erfolglos als Werbungskosten geltend.
Der Bundesfinanzhof verneint für den Streitfall das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung. Denn die Stpfl. hatte im Streitjahr keine regelmäßige Arbeitsstätte (mehr) in X. Die Stpfl. befand sich im Streitjahr in Elternzeit. Während der Elternzeit ruhte ihr Arbeitsverhältnis mit der Klinik in X kraft Gesetzes. Da keine Arbeitsleistungen mehr für die Klinik erbracht werden mussten, war diese nicht (mehr) der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit. Auch begründete die Stpfl. wegen der Betreuung des Forschungsprojekts keine regelmäßige Arbeitsstätte in X, da sie insoweit weder als Arbeitnehmerin tätig war noch das Forschungsprojekt Teil ihrer Habilitation war.
Die Stpfl. kann die Aufwendungen für die Wohnung in X auch nicht als vorab entstandene (vergebliche) Werbungskosten steuermindernd geltend machen. Dies würde voraussetzen, dass die Stpfl. endgültig den Entschluss gefasst hätte, die Wohnung zukünftig im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung zu nutzen. Dies konnte im Streitfall nicht nachgewiesen werden. Vielmehr orientierte sich die Stpfl. bereits vor Beginn des Streitjahres in beruflicher Hinsicht um, wodurch jeweils regelmäßige Arbeitsstätten am Ort der gemeinsamen Familienwohnung entstanden waren.
Handlungsempfehlung:
Insoweit sind also strenge Maßstäbe anzulegen. Letztlich entscheidet allerdings der Einzelfall. In der Urteilsbegründung deutet sich an, dass eine andere Beurteilung dann angezeigt sein kann, wenn die Wohnung bislang als doppelte Haushaltsführung anzuerkennen gewesen wäre. Dann müssten allerdings wohl auch konkrete Anzeichen für eine Wiedernutzung der Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gegeben sein.