Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Vorliegen von vGA bei Zahlungen auf Rechnungen einer Schein-/Strohmanngesellschaft durch eine GmbH

16. September 2021


Mit seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 18.3.2021 (Az. 10 K 1556/16, K,G) hat das FG Münster (ohne die Revision zuzulassen; insoweit ist nun allerdings unter dem Az. I B 38/21 die Nichtzulassungsbeschwerde anhängig) entschieden, dass Zahlungen einer Kapitalgesellschaft (im Streitfall: GmbH) auf Rechnungen einer Schein-/Stroh-manngesellschaft als vGA zu beurteilen sein können, wenn die Kapitalgesellschaft nicht hinreichend an der Aufklärung des den Rechnungen zu Grunde liegenden tatsächlichen Sachverhalts mitwirkt.





Im konkreten Streitfall hatte eine GmbH gegen die (nach einer steuerlichen Außenprüfung durch die FinVerw vor-genommene) gewinnerhöhende Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben (in den Jahren 2009 und 2012) geklagt. Die GmbH ist in 2008 von Herrn E gegründet worden (Alleingesellschafter-Geschäftsführer) und betreibt ein Bauunternehmen (Hochbau). Im Jahr 2009 stellte die Fa. C der Stpfl. Rechnungen für von ihr erbrachte Bauleistungen. Auf diesen Rechnungen, auf denen unterschiedliche Bauvorhaben angegeben waren, war als Inhaberin der Firma Frau C ausgewiesen. Die Stpfl. bezahlte die Rechnungsbeträge jeweils per Banküberweisung an die auf den Rech-nungen ausgewiesene Bankverbindung.





In den Jahren 2014 und 2015 führte das Finanzamt eine Außenprüfung bei der Stpfl. für die Jahre 2009 bis 2012 durch. Anlass dieser Außenprüfung war die rechtskräftige Verurteilung von Frau C wegen Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall und Beihilfe zur Steuerhinterziehung, zur Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt und zum Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern. Das Strafverfahren führte zu der Feststellung, dass es sich bei der Fa. C um eine Strohmannfirma gehandelt habe, wobei Frau C jedenfalls von März bis Dezember 2009 als Strohfrau fungiert habe. Eine solche Strohmannfirma werde lediglich zum Schein betrieben und entfalte selbst keine wirtschaft-liche Tätigkeit im Baugewerbe. Sie sei genutzt worden, um durch eigene Arbeiter erbrachte Bauleistungen und insbes. die im Baugewerbe verbotene entgeltliche Überlassung der weisungsgebundenen Arbeiter an dritte Bauunternehmen über die Strohmannfirma ihren Auftraggebern scheinbar legal anbieten und diese abrechnen zu können. Zweck sei es insbesondere auch gewesen, die Ausgaben für eigene Schwarzarbeiter buchhalterisch zu erfassen und dadurch steuerlich zu berücksichtigen.





Die Stpfl. hat dazu i.R.d. Außenprüfung vorgetragen, sie habe im Zusammenhang mit der Beauftragung der Fa. C alles getan, was man von einem ordentlichen Unternehmer erwarten könne. Es seien sämtliche Freistellungsbescheini-gungen angefordert worden, zu jedem Bauprojekt sei ein Werkvertrag geschlossen und zu jedem Vertrag eine Rech-nung geschrieben worden. Da sämtliche Unterlagen vor Baubeginn angefordert wurden, hätten sich für sie keine Zweifel dahingehend ergeben, dass es sich bei dieser Firma nicht um eine ordnungsgemäße Firma handeln könnte. Es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass es sich um eine Strohmannfirma gehandelt habe. Die Arbeitnehmer seien mit der entsprechenden Sachausstattung auf den Baustellen erschienen und hätten die Arbeiten erledigt.





Zwar seien in den vorgelegten Auftragsunterlagen nicht die Auftragswerte angegeben und diese auch nicht von Herrn E als Geschäftsführer der Stpfl. unterzeichnet worden, gleichwohl seien die Werkverträge gültig. Die Auftrags-werte seien nicht angegeben, weil der Umfang der zu erledigenden Arbeiten noch nicht bekannt gewesen sei. Herr E habe das an die Fa. C ausgehändigte Exemplar unterzeichnet, nicht aber das für die GmbH bestimmte Exemplar.





Zu diesem Sachverhalt hat das FG Münster folgende Feststellungen getroffen:









  • Für das Jahr 2012 hat das FG keine Grundlage dafür gesehen, überhaupt einen Betrag als nicht abziehbare Betriebs-ausgabe dem Gewinn der Stpfl. hinzuzurechnen. Denn in diesem Jahr 2012 habe sich gar keine Gewinnminderung er-geben, welche hätte hinzugerechnet werden können.








  • Demgegenüber sei die Hinzurechnung für das Jahr 2009 (in Gestalt einer außerbilanziellen Gewinnerhöhung) nicht zu beanstanden. Zunächst lägen zwar Betriebsausgaben vor, da es Kapitalgesellschaften an einer außerbetrieblichen Sphäre fehle. Allerdings könnten solche Aufwendungen, welche nicht betrieblich, sondern im Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien, bei Kapitalgesellschaften in einem zweiten Schritt als vGA zu beurteilen und dann nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Gewinn außerbilanziell hinzuzurechnen sein.








  • Eine vGA i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG liege vor bei einer Vermögensminderung oder einer verhinderten Vermögens-mehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.








  • Eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis mit der Folge einer vGA könne im Einzelfall dann anzunehmen sein, wenn erhebliche Anhaltspunkte dafür bestünden, dass es sich bei den von einer Kapitalgesellschaft als Aufwand verbuchten Rechnungen tatsächlich um Scheinrechnungen handelt und ein tatsächlicher Leistungsaustausch zwischen der Gesell-schaft und dem in den Rechnungen ausgewiesenen Auftragnehmer nicht stattgefunden habe.








  • Für den Streitfall ergebe sich aus dem vorliegenden Strafurteil des Amtsgerichts, dass die Rechnungen von einer Scheinfirma stammten. Soweit die Stpfl. vorgebracht habe, sie habe sich von der Fa. C Unbedenklichkeitsbeschei-nigungen der Krankenkasse, der Berufsgenossenschaft und des FA sowie die Freistellungsbescheinigung des FA, die Gewerbeanmeldung, den Nachweis über eine Haftpflichtversicherung, die Handwerkskarte und den Nachweis der Bundesagentur für Arbeit über eine Betriebsnummer vorlegen lassen, genüge dies nicht, um die im Strafurteil getroffenen Feststellungen zu entkräften, dass die Firma als Scheinfirma oder Strohmannfirma keine eigene Geschäftstätigkeit ausgeübt habe.








  • Da die Stpfl. ihrer Mitwirkungspflicht bei der weiteren Sachaufklärung nicht nachgekommen und das Gericht daher nicht in die Lage versetzt worden sei, den möglichen tatsächlichen Sachverhalten weiter nachzugehen und zu überprüfen, ob tatsächlich eine betriebliche Veranlassung oder eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis vorgelegen habe, sei es gerechtfertigt, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass es sich bei den Rechnungen um sog. „Abdeckrechnungen“ gehandelt habe, bei denen die Stpfl. einen Rückfluss erhielt, diesen jedoch nicht für betriebliche Zwecke verwendete – also um vGA.

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