Werden Dienstleister für ausländische Unternehmen tätig, so stellt sich stets die Frage, welchem Staat das Besteuerungsrecht aus diesen Einkünften zusteht. Dies ist nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen zu beurteilen. Meist gelten insoweit folgende Regeln:
– Im Grundsatz steht das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat des Dienstleisters zu, von dem aus dieser sein Unternehmen betreibt.
– Das Besteuerungsrecht steht aber regelmäßig dem anderen Staat zu, wenn der Dienstleister dort eine Betriebsstätte unterhält.
Mithin ist für den Einzelfall zu prüfen, ob am Tätigkeitsort eine Betriebsstätte im steuerlichen Sinne begründet wird. Eindeutig wird eine Betriebsstätte begründet, wenn z.B. eine Produktionsstätte, ein Lager, eine Verkaufsstelle oder ein Büro unterhalten wird. Der BFH stellt nun aber mit Entscheidung vom 7.6.2023 (Az. I R 47/20) klar, dass eine Betriebsstätte im Dienstleistungsbereich bereits dann zu bejahen ist, wenn dem Stpfl. im räumlichen Bezug zu einer von seinem Auftraggeber angemieteten Fläche persönlich ein Schließfach und ein Spind zugewiesen werden. Dabei reicht es für eine betriebsbezogene Nutzung bereits aus, wenn der Spind dazu geeignet und bestimmt ist, die private Kleidung während der Einsatzzeit und die Arbeitskleidung außerhalb der Einsatzzeit des Stpfl. aufzubewahren. Entscheidend ist, dass der Unternehmer Einrichtungen oder Anlagen nutzen kann, die seinem Unternehmen dienen.
Im Streitfall ging es um einen Flugzeugingenieur. Dieser hatte sowohl einen inländischen Wohnsitz als auch einen Wohnsitz in Großbritannien, wo auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen bestand. Er war als Subunternehmer einer in Großbritannien ansässigen Ltd. im Inland mit der Wartung von Flugzeugen befasst. Seine Tätigkeit übte er auf dem im Inland belegenen Flughafengelände des Auftraggebers aus. Für die im Auftrag der Ltd. tätigen Ingenieure waren auf diesem Gelände in durch die Ltd. von der inländischen Flugbetriebs-GmbH angemieteten Räumen Umkleide-, Verwaltungs- und Gemeinschaftsflächen vorhanden. Die Mitarbeiter hatten zudem einen verschließbaren Spind, um ihre Kleidung aufzubewahren. Darüber hinaus hatte jeder Mitarbeiter ein mit seinem Namen und dem Namen der Ltd. beschriftetes Schließfach in einem mit Computern ausgestatteten Raum der Ltd. neben dem Hangar.
Fraglich war nun, ob die Einkünfte des Ingenieurs aus seiner Tätigkeit in Deutschland steuerpflichtig waren. Der Ingenieur wandte ein, er habe die Einkünfte in Großbritannien bereits versteuert, da in Deutschland keine Betriebsstätte vorhanden sei. Der BFH bejahte dagegen ein Besteuerungsrecht in Deutschland, da die vom Flugzeugingenieur erzielten Tätigkeitseinkünfte durch Nutzung einer ihm in Deutschland regelmäßig zur Verfügung stehenden festen Einrichtung bzw. einer Betriebsstätte erzielt wurden.
Hinweis:
Dies verdeutlicht, dass das Verständnis der Betriebsstätte im Dienstleistungsbereich äußerst weit gezogen wird. Insoweit ist im Einzelfall sehr sorgfältig zu prüfen, ob eine solche Betriebsstätte – und damit regelmäßig ein Besteuerungsrecht – begründet wird oder wie die Begründung einer solchen Betriebsstätte durch Gestaltung des Sachverhalts verhindert werden kann.