Für Bezieher von Kapitaleinkünften

Wechselseitige Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen (Anteilsrotation) unter Wert – in welchen Konstellationen liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor

19. April 2023


Der BFH hat in der Vergangenheit mehrfach klargestellt, dass eine bewusste Realisierung von Wertverlusten aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen nicht rechtsmissbräuchlich ist und daher zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt. Dies wurde sogar für den Fall der ringweisen Anteilsveräußerungen und -erwerbe zur Verlustnutzung im Gesellschafterkreis anerkannt, was ja im Ergebnis dazu führt, dass der Gesellschafter letztlich seine Stellung als Gesellschafter nicht aufgibt.





Nun grenzt der BFH aber mit Entscheidung vom 20.9.2022 (Az. IX R 18/21) ab: Ein „Verlust“, der im Zuge einer Anteilsrotation lediglich wegen der Vereinbarung eines den Wert des veräußerten Anteils krass verfehlenden Kaufpreises entsteht, führt zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil und stellt einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar.





Damit bestätigt das Gericht für den Streitfall die Ansicht der FinVerw. Im Streitfall sollte offensichtlich Liquidität aus der steuerlichen Nutzung der durch die Unterpreisverkäufe der Anteile realisierten Verluste generiert werden. Eine Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ergab im Streitfall eindeutig, dass die angesetzten Veräußerungspreise den tatsächlichen Wert der Anteile deutlich unterschritten. Auch der Stpfl. konnte nicht nachweisen, dass die angesetzten Veräußerungspreise dem Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt der Abtretung entsprochen hätten.





Der BFH betont zwar wiederum, dass es einem Stpfl. freisteht, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt. Ein Gestaltungsmissbrauch liege aber dann vor, wenn ein „Verlust“ nur dadurch entsteht, dass die Beteiligten einen unzutreffenden, die Wertverhältnisse des zur Veräußerung bestimmten Kapitalgesellschaftsanteils in krasser Weise verfehlenden Kaufpreis vereinbaren; denn in diesem Fall ist der „Verlust“ nicht durch eine den Kapitalgesellschaftsanteilen innewohnende Wertminderung, sondern durch einen Verkauf von Anteilen weit unter Wert zustande gekommen. In diesen Fällen ist kein Verlust entstanden, der die Leistungsfähigkeit des Stpfl. gemindert habe.





Hinweis:





Derartige Gestaltungen zur Verlustrealisierung müssen also mit Bedacht geplant werden, damit das gewünschte steuerliche Ergebnis erreicht wird. Hierzu sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden.


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