Nachfolgend sind wichtige in 2019 veröffentlichte finanzgerichtliche Entscheidungen und Verwaltungsanweisungen zusammengefasst, die für die GmbH und ihre Gesellschafter Anlass sein können, bestehende Gestaltungen und Vereinbarungen zu überprüfen:
Organschaft
- Körperschaftsteuerliche Organschaft – Durchführung des Ergebnisabführungs- vertrags: Die körperschaftsteuerliche Organschaft bietet u.a. die Möglichkeit, Verluste der Organgesellschaft mit steuerlicher Wirkung beim Organträger geltend zu machen, so dass Gewinne und Verluste innerhalb eines Konzerns verrechnet werden können. Die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft setzt dabei u.a. den Abschluss eines Ergebnisabführungs- bzw. Gewinnabführungsvertrags (EAV) voraus, der nach § 14 KStG „auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt“ werden muss.
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 6.6.2019 (Aktenzeichen 1 K 113/17, EFG 2019, 1714) zu sehen, mit dem dieses sich insbesondere mit der Problematik der tatsächlichen Durchführung eines EAV befasst hat. Dabei ist das Schleswig-Holsteinische FG zu dem Ergebnis gekommen, dass der zwischen einer Organgesellschaft und einer Organträgerin geschlossene EAV dann nicht i.S.d. gesetzlichen Vorschriften tatsächlich durchgeführt wird, wenn die Organgesellschaft den ihr gegenüber der Organträgerin zustehenden Anspruch auf Verlustübernahme in ihrer Bilanz nicht ausweist. Das gilt selbst dann, wenn die Organträgerin der Organgesellschaft den Verlustbetrag später tatsächlich erstattet. Die Anerkennung setze den bilanziellen Ausweis der entsprechenden Forderung bzw. Verbindlichkeit aus dem EAV in den Jahresabschlüssen von Organträgerin und Organgesellschaft voraus. Bei einer Nichtdurchführung in den ersten fünf Jahres der Laufzeit des EAV entfällt die Anerkennung von Beginn an.
Hinweis:
In der Praxis sollte zur Sicherung der Anerkennung der Organschaft also sorgfältig darauf geachtet werden, dass die sich aus dem EAV ergebenden Ansprüche/Verbindlichkeiten auch zutreffend bilanziell abgebildet werden.
- Körperschaftsteuerliche Organschaft – Notwendige Anpassung des Ergebnisabführungsvertrags: Mit Urteil v. 10.5.2017 (Aktenzeichen I R 93/15, BStBl II 2019, 278) hatte der BFH entschieden, dass EAV bei Organschaften nur dann die Voraussetzungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG a.F. erfüllen – und damit anerkannt werden können –, wenn der Gewinnabführungsvertrag bei wörtlicher Wiedergabe des § 302 AktG auch die Regelung des § 302 Abs. 4 AktG enthält. In Alt-Fällen war ein fehlender Verweis bzw. eine fehlende Wiedergabe des § 302 Abs. 4 AktG im Gewinnabführungsvertrag bisher nicht zu beanstanden (Billigkeitsregelung des BMF aus 2005). Vor diesem Hintergrund ist nun die BMF-Vertrauensschutzregelung zu sehen (BMF v. 3.4.2019, IV C 2 – S 2770/08/10004 :001, BStBl I 2019, 467), mit der geregelt wird, dass EAV, die von der Billigkeitsregelung umfasst waren, der Anerkennung der Organschaft nicht entgegenstehen, wenn diese bis zum Ablauf des 31.12.2019 an die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG (sog. dynamischer Verweis) angepasst werden. In diesen Fällen liegt auch kein Neuabschluss vor und die fünfjährige Mindestlaufzeit beginnt auch nicht von Neuem zu laufen.
Hinweis:
In einschlägigen Organschaftsfällen sollte der EAV also noch vor dem Jahresende angepasst werden, es sei denn, das Organschaftsverhältnis wird vor dem 1.1.2020 beendet. Generell ist anzuraten, EAV regelmäßig aus steuerlicher Sicht zu überprüfen.
- Beendigung einer umsatzsteuerlichen Organschaft – Geschäftsveräußerung: Mit besonderer Relevanz für den Bereich der Umstrukturierungen hat der BFH mit Urteil vom 26.6.2019 (Aktenzeichen XI R 3/17, www.stotax-first.de) entschieden, dass die im Rahmen der Beendigung einer Organschaft erfolgende Übertragung des Betriebsgrundstücks durch die frühere Organträgerin auf die frühere Organgesellschaft (Erwerberin) als nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung anzusehen ist, wenn die Erwerberin die unternehmerische Tätigkeit des Organkreises fortführt. Dies soll selbst dann gelten, wenn die Organschaft einen oder mehrere Tage vor der Übertragung des Grundstücks geendet hat und daher die Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit durch die Erwerberin vor der Übertragung des Grundstücks auf die Erwerberin erfolgt ist.
Steuerfragen auf der Gesellschaftsebene:
- Steuerfreie Beteiligungserträge nach § 8b Abs. 2 KStG bei gewinn- und umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen: Mit Urteil vom 19.12.2018 (Aktenzeichen I R 71/16, BStBl II 2019, 493) hat der BFH entschieden, dass die zu den Vorschriften der §§ 16 und 17 EStG ergangene Rechtsprechung, nach der gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisforderungen erst im Zeitpunkt ihrer Realisation zu einem Veräußerungsgewinn führen, auch für Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 KStG gilt. Der BFH führt dazu aus, dass ein Veräußerungsgewinn grundsätzlich im Veräußerungszeitpunkt entstehe und daher regelmäßig stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln sei. Für Fälle der gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen sei hingegen auf die Realisation des Veräußerungsentgelts abzustellen, da der Veräußerer die Gewinne erst im Zeitpunkt des Zuflusses erziele. In späteren Jahren zufließende Kaufpreisbestandteile seien zwar Teil des Veräußerungsgewinns, aber erst im Zeitpunkt ihres Zuflusses ertragswirksam zu erfassen und gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerlich außer Ansatz zu lassen.
Hinweis:
Von derartigen Sachverhalten gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreisforderungen getrennt zu sehen sind solche Fälle, in denen nachträgliche Veränderungen des Veräußerungspreises aus einem Anteilsverkauf (sowie nachträglich angefallene Veräußerungskosten) eintreten; derartige Veränderungen wirken nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den Veräußerungszeitpunkt zurück.
- Steuerfreie Beteiligungserträge – Gewinnermittlung bei Anteilsveräußerung im Zusammenhang mit Währungskurssicherungsgeschäften: Der BFH hat mit Urteil vom 10.4.2019 (Aktenzeichen I R 20/16, www.stotax-first.de) zur Berücksichtigung von Währungskurssicherungsgeschäften entschieden, dass das Ergebnis aus einem Devisentermingeschäft, das der Veräußerer vor der Veräußerung zum Zweck der Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf den Veräußerungserlös abgeschlossen hat, in den nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn einzubeziehen ist. Eine solche zusammengefasste Betrachtung hält das Gericht für geboten, wenn von Anfang an eine Wiederverkaufsabsicht für die erworbenen Gesellschaftsanteile bestand und die Devisentermingeschäfte ausschließlich der diesbezüglichen Kurssicherung dienten („Micro-Hedges“).
- Nachträglicher Antrag eines sog. fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d KStG: § 8d KStG regelt als gesetzliche Ausnahme zu der Vorschrift des § 8c KStG zum Verlustabzug bei Körperschaften, dass nicht genutzte Verluste ausnahmsweise doch fortgeführt werden können, wenn die Körperschaft – verkürzt dargestellt – den nach § 8d KStG relevanten Geschäftsbetrieb („denselben Geschäftsbetrieb“) fortführt und einen entsprechenden Antrag stellt. Vor diesem Hintergrund ist das rechtskräftige Urteil des Thüringer FG vom 5.10.2018 (Aktenzeichen 1 K 348/18, EFG 2018, 1907) zu sehen, nach dem eine Kapitalgesellschaft das Wahlrecht, einen fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG geltend zu machen, bis zur materiellen Bestandskraft des Körperschaftsteuer-Bescheids ausüben kann. Die gesetzliche Regelung beinhalte keine Ausschlussfrist; eine solche lasse sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Das FG widersprach damit der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach der Antrag ausschließlich in der erstmaligen Steuererklärung zu stellen und eine spätere Nachholung ausgeschlossen sei.
- Finanzierung ausländischer Tochtergesellschaften: In zwei Entscheidungen vom 27.2.2019 (Aktenzeichen I R 51/17, HFR 2019, 935, und I R 81/17, HFR 2019, 933) hat der BFH seine jüngste Änderung der Rechtsprechung bestätigt, wonach die Besicherung von Darlehen an eine ausländische Tochtergesellschaft zu den fremdüblichen Bedingungen gehört. Erfolgt keine Besicherung und erfolgt die Darlehenshingabe daher zu nicht fremdüblichen Bedingungen, so können Verluste aus einem Ausfall des Darlehens nach den Regelungen des AStG steuerlich nicht geltend gemacht werden.
Hinweis:
Die Auswirkungen dieser Rechtsprechungsänderung sind noch nicht vollends zu überblicken. Es ist aber angezeigt, die Finanzierung von Auslands-Tochtergesellschaften einer Überprüfung zu unterziehen.
- Angemessenheit der Gewinnverteilung bei GmbH mit atypisch stiller Beteiligung: Die Errichtung einer sog. „GmbH & Still“ kann unter verschiedenen Gestaltungsaspekten interessant sein. Neben der Möglichkeit, die Beteiligung des stillen Gesellschafters geheim zu halten, kann die stille Beteiligung als Finanzierungsmaßnahme z.B. der Herabsetzung der fixen Fremdfinanzierungskosten dienen, als Sanierungsmaßnahme in Betracht gezogen werden, Vehikel für eine Mitarbeiterbeteiligung sein wie auch als Mittel der Unternehmensnachfolge bzw. der Versorgung der Hinterbliebenen für den Todesfall des Geschäftsinhabers dienen. Mit seinem Urteil vom 14.5.2019 (Aktenzeichen 2 K 3371/18 F, EFG 2019, 1521) hat das FG Münster zur Frage der Angemessenheit der Gewinnverteilungsabrede bei einer GmbH entschieden, dass zwar der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Gewinnverteilung an die Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft im Grundsatz steuerlich zu folgen ist, dass aber die Gewinnverteilung dann nicht anzuerkennen ist, wenn der alleinige Gesellschafter einer GmbH an dieser zugleich als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist und für die Gewinnverteilung nicht allein die Verhältnisse der Gesellschafter in der atypisch stillen Gesellschaft, insbesondere ihre Beiträge zum Gesellschaftszweck, maßgebend sind, sondern diese Verteilung von anderen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern beeinflusst ist, die ihre Grundlage nicht im stillen Gesellschaftsverhältnis haben.
Hinweis:
In der Praxis sollte daher im Rahmen der gesellschaftsvertraglich festgelegten Gewinnverteilung sorgfältig dokumentiert werden, dass für die Gewinnverteilung allein die Verhältnisse der Gesellschafter in der atypisch stillen Gesellschaft und insbesondere ihre Beiträge zum Gesellschaftszweck maßgebend sein sollen.
Steuerfragen auf der Gesellschafterebene:
- Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG: Mit Beschluss vom 23.11.2018 (Aktenzeichen IX B 87/18, DStZ 2019, 97) hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung fortgeführt, nach der ein Auflösungsverlust in dem Jahr zu erfassen ist, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist. Und ein Auflösungsverlust steht nach BFH-Auffassung fest, wenn der gemeine Wert des dem Stpfl. zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens einerseits (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG) und die Liquidations- und Anschaffungskosten des Gesellschafters andererseits (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG) feststehen. Gleiches gilt, wenn sicher ist, dass eine Zuteilung oder Zurückzahlung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausscheidet, und wenn die durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen feststehen.
Hinweis:
Wird der Auflösungsverlust „zu früh“ geltend gemacht, verliert der Stpfl. das Einspruchs- und ggf. das anschließende Klageverfahren, kann aber i.d.R. den Verlust in einem späteren VZ noch geltend machen. Wird der Verlust hingegen „zu spät“ geltend gemacht, scheidet die Verlustberücksichtigung aus, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig sind. Daher ist in einschlägigen Fällen dringend darauf zu achten, den Auflösungsverlust möglichst früh geltend zu machen und zudem die Bescheide für die betreffenden Jahre möglichst offen zu halten.
- Ablösezahlung für Besserungsscheine als Bestandteil des Veräußerungspreises: Zu dem der Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG zugrunde zu legenden Veräußerungspreis rechnet alles, was der Veräußerer für die übertragenen Anteile vom Erwerber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält. Dazu hat der BFH mit Urteil vom 20.7.2018 (Aktenzeichen IX R 31/17, HFR 2019, 17) entschieden, dass eine Ablösezahlung für Besserungsscheine, die ein Erwerber an den Veräußerer von Kapitalanteilen, der auch Inhaber der Besserungsscheine ist, zahlt, dann als unselbständiger Bestandteil des Veräußerungspreises i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG zu würdigen ist, wenn bei der Kapitalgesellschaft bis zum Zeitpunkt der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile kein Besserungsfall gemäß Besserungsabrede eingetreten ist und die Ablösung nur dazu diente, dem Erwerber die Gewinnmöglichkeiten aus den Geschäftsanteilen an der Kapitalgesellschaft auf Dauer lastenfrei zu übertragen.
Hinweis:
Die Frage, ob zusätzlich vereinbarte Zahlungen i.R.d. Veräußerung einer Beteiligung als unselbständiger Teil des Kaufpreises zum Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG gehören oder einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen sind, hängt letztendlich davon ab, ob diesen Zahlungen eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt.
- Einzahlung in die Rücklagen als nachträgliche Anschaffungskosten „in letzter Minute“: Mit Urteil vom 20.7.2018 (Aktenzeichen IX R 5/15, BStBl II 2019, 194) hat der BFH entschieden, dass Aufwendungen des Gesellschafters aus einer Einzahlung in die Kapitalrücklage zur Vermeidung einer Bürgschaftsinanspruchnahme zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung führen, und dass es bei dieser Frage der Berücksichtigung der Einzahlung in die Kapitalrücklage als nachträgliche Anschaffungskosten keine Rolle spielt, wie die GmbH den vom Gesellschafter eingezahlten Betrag verwendet. Es liegt auch kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO vor, wenn die zu gleichen Teilen beteiligten Gesellschafter einer GmbH in gleicher Höhe Einzahlungen in das Gesellschaftsvermögen leisten, damit die GmbH ihre betrieblichen Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen Gläubigern ablösen kann.
Hinweis:
Damit ist die besonders praxisrelevante Frage beantwortet, wie unter Geltung der aktuellen Rechtslage eine Zurverfügungstellung von Liquidität in Krisensituationen zu erfolgen hat, damit im Fall einer späteren Beendigung wenigstens nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG gegeben sind und die Mittelzuführung somit zumindest steuerlich nicht vollends vergebens ist: Eine Einzahlung in die Rücklagen führt zur „Generierung nachträglicher Anschaffungskosten“. Insoweit ist die vorgesehene Änderung des § 17 EStG zu beachten und etwaige Gestaltungen auch vor diesem Hintergrund zu würdigen.
- Finanzverwaltung zu nachträglichen Anschaffungskosten bei Veräußerungen i.S.d. § 17 EStG: Mit Schreiben vom 5.4.2019 hat das BMF (Aktenzeichen IV C 6 – S 2244/17/10001, BStBl I 2019, 257) zur aktuellen BFH-Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung sog. nachträglicher Anschaffungskosten bei der Gewinnermittlung nach § 17 EStG nach der zivilrechtlichen Neuordnung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG Stellung genommen und inhaltlich die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt. Danach ist in sog. Neufällen bei der Beurteilung des Anschaffungskostenbegriffs nach § 17 EStG nun der handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten zugrunde zu legen (§ 255 Abs. 1 HGB). Daher sind nach aktueller Rechtslage nur noch solche Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten zu qualifizieren, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Aufwendungen aus Fremdkapitalhilfen wie der Ausfall eines Darlehens oder der Ausfall mit einer Bürgschaftsregressforderung führen danach grundsätzlich nicht mehr zu Anschaffungskosten der Beteiligung. Bei Altfällen, bei denen eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 geleistet wurde oder eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist, sind die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen wegen des vom BFH formulierten Vertrauensschutzes weiter anzuwenden.
Hinweis:
Insoweit ist allerdings die vorgesehene Anpassung des § 17 EStG zu beachten, nach der die bisherige Sichtweise zur Rechtslage vor MoMiG für steuerliche Zwecke wiederhergestellt werden soll. Dies soll auf Antrag auch rückwirkend anwendbar sein.
- Abgeltungsteuer – Antrag auf Regelbesteuerung bei erst nachträglich erkannter vGA: Mit Urteil vom 14.5.2019 (Aktenzeichen VIII R 20/16, BStBl II 2019, 586) hat der BFH sich mit der Frist für den Antrag auf Regelbesteuerung befasst und entschieden, dass Stpfl. mit Kapitalerträgen aus einer unternehmerischen Beteiligung den Antrag auf Regelbesteuerung (anstelle der Abgeltungsteuer) spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung stellen müssen, um so die anteilige Steuerfreistellung im Rahmen des sog. Teileinkünfteverfahrens zu erlangen. Dies gilt auch dann, wenn sich das Vorliegen von Kapitalerträgen erst durch die Annahme einer vGA im Rahmen einer Außenprüfung ergibt. Nach der BFH-Entscheidung würde mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung die Frist zur Ausübung des Antragsrechts nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG selbst dann ablaufen, wenn die Erklärung unrichtig und nach § 153 AO zu korrigieren ist.
Hinweis:
Der BFH formuliert zugleich eine Gestaltungsempfehlung: Der Stpfl. könne sein Antragsrecht ja auch vorsorglich ausüben. Verzichte er auf einen solchen vorsorglichen Antrag, trage er das Risiko einer unzutreffenden Beurteilung von Einkünften im Rahmen seiner Steuererklärung. Wolle der unternehmerisch beteiligte Gesellschafter in Bezug auf die Einhaltung der Antragsfrist sicher sein, müsse er spätestens in bzw. mit der Einkommensteuererklärung einen vorsorglichen Antrag stellen. Dabei darf allerdings auch nicht übersehen werden, dass der zur Rede stehende Antrag den Stpfl. für insgesamt fünf VZ bindet (dabei erstmals für den VZ, für den der Antrag gestellt wurde).