Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Wichtige aktuelle Entscheidungen und Verwaltungsanweisungen für GmbH und Gesellschafter

3. Februar 2021

Nachfolgend sind wichtige in 2020 veröffentlichte finanzgerichtliche Entscheidungen und Verwaltungsanweisungen zusammengefasst, die für die GmbH und ihre Gesellschafter Anlass sein können, bestehende Gestaltungen und Vereinbarungen zu überprüfen:



Organschaft:

–  Körperschaftsteuerliche Organschaft – bilanzielle Abbildung der Forderungen/Verbindlichkeiten aus dem Ergebnisabführungsvertrag: Die Anerkennung einer Organschaft setzt bekanntlich auch den Abschluss eines Ergebnisabführungs- bzw. Gewinnabführungsvertrags (EAV) voraus, der nach § 14 KStG „auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt“ worden sein muss. Zur Problematik der tatsächlichen Durchführung eines EAV ist auch zu diesem Jahreswechsel nochmals auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG v. 6.6.2019 (Aktenzeichen 1 K 113/17, EFG 2019, 1714) hinzuweisen, gegen das beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 37/19 weiterhin die Revision anhängig ist.

Dabei ist das FG zu dem Ergebnis gekommen, dass der EAV nicht i.S.d. gesetzlichen Vorschriften tatsächlich durchgeführt wird, wenn die Organgesellschaft den ihr gegenüber der Organträgerin zustehenden Anspruch auf Verlustübernahme in ihrer Bilanz nicht ausweist. Das gilt selbst dann, wenn die Organträgerin der Organgesellschaft den Verlustbetrag später tatsächlich erstattet. Die Anerkennung setze den bilanziellen Ausweis der entsprechenden Forderung bzw. Verbindlichkeit aus dem EAV in den Jahresabschlüssen von Organträgerin und Organgesellschaft voraus.

Hinweis:

Zur Sicherung der Anerkennung der Organschaft sollte in der Praxis also dringend darauf geachtet werden, dass die sich aus dem EAV ergebenden Ansprüche/Verbindlichkeiten auch zutreffend bilanziell abgebildet werden.

–  FinVerw zur Vereinbarung variabler Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter: Gesetzlich geregelt wurde, unter welchen Voraussetzungen neben dem festen Betrag nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG zusätzlich vereinbarte und geleistete variable Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter der Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft nicht entgegenstehen. Zur Anwendung dieser Neuregelung hat das BMF mit Schreiben vom 4.3.2020 (BStBl I 2020, 256) Stellung genommen. Die Ausgleichszahlung darf insgesamt (fixer und variabler Bestandteil) den dem Anteil am gezeichneten Kapital der Organgesellschaft entsprechenden Gewinnanteil des Minderheitsgesellschafters nicht überschreiten, der ohne den Gewinnabführungsvertrag hätte geleistet werden können. Abzustellen ist auf den (fiktiven) handelsrechtlichen Jahresüberschuss der Organgesellschaft vor Gewinnabführung. Unerheblich ist, ob die Ausgleichszahlungen von der Organgesellschaft oder dem Organträger geleistet werden. Die Höchstbeträge sind dabei für jedes Wirtschaftsjahr gesondert zu ermitteln. Werden diese überschritten, so steht dies der steuerlichen Anerkennung der Organschaft entgegen.

Hinweis:

In der Praxis ist zur Sicherung der Anerkennung der Organschaft sorgfältig darauf zu achten, dass der zulässige Höchstbetrag für jedes Wirtschaftsjahr zutreffend ermittelt wird.

Steuerfragen auf der Gesellschaftsebene:

–  Besteuerung sog. Streubesitzdividenden nach § 8b Abs. 4 KStG und § 9 Nr. 2a GewStG ist verfassungskonform: Mit Urteil vom 18.12.2019 hat der BFH (Aktenzeichen I R 29/17) entschieden, dass die Besteuerung der sog. Streubesitzdividenden – § 8b Abs. 4 KStG (Beteiligungen von weniger als 10 %) und § 9 Nr. 2a GewStG (Mindestbeteiligungsquote 15 %) – mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, weil der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum habe.

Hinweis:

Kapitalgesellschaften sollten also weiterhin eine mögliche Besteuerung von Dividendenzahlungen aus Streubesitzbeteiligungen in ihr Investitionskalkül einbeziehen und ggf. darauf hinwirken, dass schon zu Beginn des Kalenderjahres eine Beteiligung in Höhe der gesetzlich genannten Grenzen besteht.

–  Steuerfreie Beteiligungserträge – Gewinnermittlung bei Anteilsveräußerung im Zusammenhang mit Währungskurssicherungsgeschäften (Micro Hedges): Der BFH hatte bereits mit seinem Urteil vom 10.4.2019 (Aktenzeichen I R 20/16, HFR 2019, 1090) zur Berücksichtigung von Währungskurssicherungsgeschäften (sog. Micro Hedges) entschieden, dass der Ertrag aus einem Devisentermingeschäft, das der Veräußerer vor der Veräußerung zum Zweck der Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf den Veräußerungserlös abgeschlossen hat, als Bestandteil des Veräußerungspreises i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gewinnerhöhend im Rahmen der Ermittlung des steuerfreien Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen ist. Zu diesem Problemkreis hat sich aktuell nun auch das BMF mit Schreiben vom 5.10.2020 detailliert geäußert. Zwar folgt dieses im Grundsatz der Rechtsprechung, setzt aber sehr hohe Hürden für das Bestehen einer Bewertungseinheit.

Hinweis:

Die ausführliche Stellungnahme des BMF, mit der sog. Micro Hedges anerkannt werden, verdeutlicht, wie wichtig in der Praxis eine sorgfältige Dokumentation der Zuordnungsentscheidung des Stpfl., das Sicherungsgeschäft ausschließlich in Hinblick auf eine bestimmte geplante Anteilsveräußerung abzuschließen, ist. Zu den Anforderungen an die Bildung handels- und steuerbilanzieller Bewertungseinheiten (deren Anwendungsbereich auf Grund der Berücksichtigung auch von „Macro Hedges“ weiter ausfällt) nimmt das BMF allerdings nicht explizit Stellung.

–  Steuerfreie Beteiligungserträge – Ausschüttungen auf beteiligungs- oder obligationsähnliche Genussrechte: Mit Urteil vom 14.8.2019 (Aktenzeichen I R 44/17, HFR 2020, 787) hat der BFH u.a. entschieden, dass Genussrechtsausschüttungen einer Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft dann nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei sind, wenn die Genussrechtsvereinbarungen für den Fall einer Liquidation der Tochtergesellschaft keine Beteiligung der Muttergesellschaft an den stillen Reserven vorsehen. Für Zwecke der Steuerbefreiung müsse die empfangende Mutterkapitalgesellschaft als Genussrechtsinhaberin kumulativ sowohl am Gewinn als auch am Liquidationserlös beteiligt sein (sog. beteiligungsähnliche Genussrechte); auf z.B. die Gewinnabhängigkeit der Genussrechtsausschüttungen oder die Stellung eines Alleingesellschafters (dem ohnehin sämtliche stillen Reserven zustehen) komme es hingegen nicht an.

Hinweis:

Bei der Gestaltung von Genussrechtsverträgen und Genussrechtsbedingungen ist also zu beachten, dass der Begriff der Genussrechte (sog. Mezzanine-Kapital) weder steuerrechtlich noch zivilrechtlich definiert ist. Die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG erfasst jedenfalls nur diejenigen Genussrechte, bei denen der Genussrechtsinhaber sowohl am Gewinn als auch am Liquidationserlös beteiligt ist. Für die Abgrenzung beteiligungsähnlicher Genussrechte stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob eine mit dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft vergleichbare Stellung gegeben ist.

Steuerfragen auf der Gesellschafterebene:

–  Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG: Mit Urteil vom 19.11.2019 hat der BFH (Aktenzeichen IX R 7/19) in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt, dass ein Auflösungsverlust in dem Jahr zu erfassen ist, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist.

Hinweis:

Die mit dieser Rechtsprechung verbundene Handlungsempfehlung bleibt unverändert: In einschlägigen Fällen ist dringend darauf zu achten, den Auflösungsverlust möglichst früh geltend zu machen und zudem die Bescheide für die betreffenden Jahre möglichst offen zu halten.

–  Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 EStG bei Ausübung von im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen gewährten Aktienoptionsrechten: Mit Urteil vom 4.2.2020 hat der BFH (Aktenzeichen IX R 7/18) zur Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns (insbesondere mit der nachträglichen Veränderung des Werts der Gegenleistung) Stellung genommen und dabei die bekannte Formel der Rechtsprechung, wonach die spätere Änderung einer bereits bewirkten Gegenleistung im ursprünglichen Rechtsgeschäft schon angelegt gewesen sein muss, geschärft.



Hinweis:

Danach wird gerade nicht jede nachträgliche Wertveränderung am Gegenstand der Gegenleistung, wie sie ja insbesondere bei Sachleistungsverpflichtungen niemals ganz ausgeschlossen werden kann, steuerlich berücksichtigt. Nachträgliche Wertveränderungen sind also weder Teil der geschuldeten Gegenleistung noch modifizieren sie die bereits erfüllte Gegenleistungspflicht, es sei denn, der Veräußerungsvorgang ist selbst mit einem Mangel behaftet, der zur Minderung, Erhöhung oder erstmaligen Fixierung der Gegenleistung führt.

–  Anwendung des Abgeltungsteuersatzes bei der Darlehensgewährung an eine GmbH durch eine dem Anteilseigner nahestehende Person: Mit Urteil vom 16.6.2020 (Aktenzeichen VIII R 5/17) hat der BFH festgestellt, dass § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG kein Auffangtatbestand für den Ausschluss von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG aus dem gesonderten Tarif (§ 32d Abs. 1 EStG) ist, wenn die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG nicht erfüllt sind. Im konkreten Streitfall hatte der Geschäftsführer einer GmbH, deren alleinige Gesellschafterin seine Ehefrau war, verzinsliche Darlehen gewährt; insoweit waren die Tatbestandsvoraussetzungen für eine zwingende Tarifbesteuerung nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG nicht erfüllt, sondern es kam vielmehr der günstige Abgeltungsteuersatz von 25 % zur Anwendung. Ein Nahestehen allein auf Grund des Bestehens der Ehe hat der BFH ausgeschlossen.

Hinweis:

Werden entsprechende Erträge also von einer Kapitalgesellschaft gezahlt, ist ausschließlich § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG anwendbar, nicht aber Buchst. a dieser Norm.
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