Die Riester-Rente ist eine staatlich geförderte Form der Altersvorsorge. Eine besondere Variante ist der Wohn-Riester, welche seit 2008 in die Finanzierung der selbstgenutzten Immobilie eingebunden werden kann. Nach den gesetzlichen Vorgaben kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und geförderte Kapital unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar
– für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder
– zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden.
Streitig war nun, ob das Merkmal der Unmittelbarkeit auch auf die Variante der Tilgung eines ungeförderten Wohnbaudarlehens anzuwenden ist. Der BFH hat dies mit Entscheidung v. 16.2.2022 (Az. X R 26/20) bejaht. Dies gehe zwar nicht eindeutig aus dem Gesetz hervor, jedoch gebiete insbes. der Sinn und Zweck der vom Gesetzgeber angeordneten Förderunschädlichkeit der Verwendung von Altersvorsorgekapital für bestimmte Darlehenstilgungen, dass nicht nur in Anschaffungs- und Herstellungsfällen, sondern auch im Fall der Tilgung von Anschaffungs- oder Herstellungsdarlehen das geförderte Kapital „unmittelbar“ für den jeweils begünstigten wohnungswirtschaftlichen Zweck verwendet wird.
Im Urteilsfall beantragte die Stpfl. bei der Deutsche Rentenversicherung Bund – Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA), für in den Jahren 2015 bis 2017 beabsichtigte Sondertilgungen eines für die Anschaffung einer Wohnung aufgenommenen Darlehens aus ihrem zertifizierten Altersvorsorgevertrag einen Betrag von insgesamt 10 350 € verwenden zu dürfen. Entsprechend dem beigefügten Darlehensvertrag war jährlich eine Sondertilgung i.H.v. 5 % der ursprünglichen Darlehenssumme von 69 000 € möglich.
Durch Gestattungsbescheid vom 15.6.2015 teilte die ZfA der Stpfl. mit, sie könne einen Betrag bis zu einer Höhe von 10 350 € aus ihrem Altersvorsorgevertrag für Sondertilgungen für die Jahre 2015 bis 2017 verwenden. In diesem Bescheid wies die ZfA zudem darauf hin, dass der Entnahmevorgang und die wohnungswirtschaftliche Verwendung in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang erfolgen müssten. Dieser sei gewahrt, wenn die beabsichtigte Darlehenstilgung innerhalb von zwölf Monaten nach der ggf. ersten Kapitalauszahlung vorgenommen würde. Die Anbieterin zahlte das Kapital aus dem Altersvorsorgevertrag am 9.7.2015 an die Stpfl. aus. Diese leistete am 14.7.2015 für 2015, am 3.2.2016 für 2016 und am 12.6.2017 für 2017 jeweils eine Sondertilgung i.H.v. 3 450 €.
Der BFH bestätigt nun, dass die Darlehenstilgung für 2017 nicht mehr zeitnah – d.h. unmittelbar – erfolgte und insoweit eine schädliche Verwendung vorliege. Es standen hier auch die Grundsätze von Treu und Glauben der Rückforderung der Zulagen nicht entgegen. Im Gestattungsbescheid der ZfA wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Entnahme in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Gestattung zu erfolgen habe. Es ergebe sich daher kein schützenswertes Vertrauen der Zulageberechtigten in Bezug auf eine erst nach diesem relevanten Zeitraum von zwölf Monaten erfolgende Darlehenstilgung, selbst dann, wenn der ZfA auf Grund der entsprechenden Unterlagen bekannt sein musste, dass die geplante Darlehenstilgung in mehreren Raten so erfolgen sollte, dass diese teilweise außerhalb des von ihr genannten Zeitraums lag.
Handlungsempfehlung:
Soll eine Darlehenstilgung aus einem Wohnriesterkonto erfolgen, so bedarf dies eines Antrags auf Entnahme bei der ZfA („Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen“ bei der Deutsche Rentenversicherung). Diese prüft das Vorliegen der Voraussetzungen und erteilt bei positivem Ausgang der Prüfung einen Entnahmebescheid. Wird eine Teilauszahlung aus einem Wohnriesterkonto beantragt, so muss der Betrag mind. 3 000 € betragen.
Hinweis:
Im Übrigen hat der BFH mit Urteil v. 16.2.2022 (Az. X R 20/20) entschieden, dass reine Zinszahlungen nicht als „Tilgung eines Darlehens“ als begünstigte Verwendung eines Wohnriesterkontos anzusehen sind. Vielmehr kann insoweit das Wohnriesterkonto nur für Tilgungsleistungen verwendet werden. Neben diesen (reinen) Zinszahlungen sind auch Sparleistungen für Bausparverträge keine Tilgungen i.S. dieser Norm. Nur im Zusammenhang mit speziellen Altersvorsorgeverträgen (etwa sog. Riester-Bausparverträge) werden Sparleistungen als Tilgungsleistungen fingiert.