Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Zahlungen des Geschäftsführers auf Grund einer Lohnsteuerhaftung als Werbungskosten abzugsfähig

30. Juni 2020

Nach § 69 AO haften GmbH-Geschäftsführer u.a. für Schulden der GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Insofern sollte gerade den Verpflichtungen zur Erklärung und zur Zahlung von Lohnsteuern wie auch von Umsatzsteuern höchste Priorität beigemessen werden.


Vor diesem Hintergrund ist das nicht rechtskräftige Urteil des Hessischen FG vom 19.11.2019 (Aktenzeichen 6 K 360/18, EFG 2020, 346) zu sehen, mit dem sich das FG insbesondere mit der Regelung des § 12 Nr. 3 EStG befasste, nach der u.a. die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern regelmäßig weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen. Konkret hat das FG dazu entschieden, dass die GmbH-Geschäftsführerin, die für nicht abgeführte und sie selber betreffende Lohnsteuer in Haftung genommen wird, ihre diesbezüglichen Aufwendungen sehr wohl als Werbungskosten geltend machen kann.


Im Streitfall war die Stpfl. Mit-Gesellschafterin und Mit-Geschäftsführerin einer GmbH, welche ein Restaurant betrieb. Durch Beschluss des Amtsgerichts wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Stpfl. wurde durch Haftungsbescheid, gestützt auf § 69 AO, für nicht abgeführte Lohnsteuer einschließlich Zuschlagsteuern und steuerliche Nebenleistungen in Haftung genommen.


Die Stpfl. leistete darauf Zahlungen in den Jahren 2014 und 2015 und beantragte, die von ihr geleisteten Haftungsbeträge für Lohnsteuer einschließlich Zuschlagsteuern und steuerliche Nebenleistungen als nachträgliche Werbungskosten anzusetzen, was das FA unter Verweis auf § 12 Nr. 3 EStG ablehnte. Es seien allenfalls die Beträge abzugsfähig, die auf Dritte entfielen, § 12 Nr. 3 EStG verbiete jedoch einen darüber hinausgehenden Abzug der Ausgaben, die auf die eigene Lohnsteuer der Stpfl. entfallen.


Das Hessische FG hat die Auffassung des FA zurückgewiesen und der Klage mit u.a. folgender Begründung stattgegeben:




  • Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 Abs. 1 EStG stellen diejenigen Aufwendungen Werbungskosten dar, die durch den Beruf des Stpfl. veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden.

  • Nach diesen Grundsätzen sind die Aufwendungen der Stpfl. im Zusammenhang mit deren Haftungsinanspruchnahme auch insoweit Werbungskosten, als sie für rückständige Lohnsteuer, welche sie selbst als Arbeitnehmerin der GmbH betrifft, in Haftung genommen wurde.

  • Im Schrifttum und der Finanzrechtsprechung ist umstritten, ob in diesen Fällen § 12 Nr. 3 EStG greift. Das FG Köln und das Niedersächsische FG haben entschieden, dass in entsprechenden Fällen das Abzugsverbot in § 12 Nr. 3 EStG nicht einschlägig ist, weil dieses Verbot nur eigene Steuerschulden des Stpfl. betrifft. Bei der Lohnsteuer, welche der Arbeitgeber an das FA abzuführen habe, handele es sich hingegen um eine fremde Schuld (die des Arbeitnehmers).


Dieser Auffassung, nach der vom Verbot grundsätzlich nur eigene Steuerschulden des Stpfl. erfasst werden sollten, schließt sich das Hessische FG explizit an. Bei den streitgegenständlichen Aufwendungen der Geschäftsführerin handelte es sich demgegenüber um die Entrichtungsschuld der von ihr vertretenen Gesellschaft nach § 43 Satz 2 AO i.V.m. § 41a Abs. 1 Nr. 2 EStG.


Die Geschäftsführerin werde durch den streitigen Werbungskostenabzug auch nicht bessergestellt, denn ebenso wie den übrigen Arbeitnehmern wurde ihr auch nur der um die anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer gekürzte Nettolohn ausbezahlt. Nachdem die Geschäftsführerin infolge ihrer Inhaftungnahme mit dem Lohnsteuer-Betrag ein zweites Mal belastet wurde, ist es mit dem Sinn und Zweck von § 12 Nr. 3 EStG vereinbar, wenn sie in einem solchen Fall den streitigen Betrag einmal als Werbungskosten zum Abzug bringen kann.


Hinweis:


Die weitere Rechtsentwicklung sollte aufmerksam beobachtet werden, da bislang noch keine BFH-Entscheidungen zu dieser Frage vorliegen. Die Revision ist anhängig unter dem Aktenzeichen VI R 19/20.


 

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