Bei Kapitalgesellschaften werden aus körperschaftsteuerlichen Gründen sog. steuerliche Einlagekonten geführt, auf denen nicht in das Nennkapital der GmbH geleistete Einlagen der Anteilseigner ausgewiesen werden. Insbesondere deren Fortschreibung und jährliche gesonderte Feststellung werden in § 27 KStG geregelt. Materielle Bedeutung hat ein solches Einlagekonto, weil beim Anteilseigner solche Bezüge nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, die aus Ausschüttungen einer GmbH stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG als verwendet gelten.
Vor diesem Hintergrund ist das nicht rechtskräftige Urteil des FG Münster vom 28.9.2022 (Az. 9 K 1869/20 F) zu sehen, mit dem das FG entschieden hat, dass, wenn ein neuer Gesellschafter zum Zwecke der wirtschaftlichen Neugründung eine Einlage in die Kapitalgesellschaft erbringt, diese Einlage bilanziell die Kapitalrücklage erhöht und damit einen Zufluss im steuerlichen Einlagekonto bewirkt.
Im konkreten Streitfall hatte eine AG geklagt, bei der 37 500 € der 50 000 € Grundkapital noch nicht eingezahlt waren. Ein Investor erwarb sämtliche Aktien und zahlte 12 500 € auf das Girokonto der AG ein; von da an wurde die AG wieder wirtschaftlich tätig. Das FA sah darin eine wirtschaftliche Neugründung und qualifizierte die Einzahlung der 12 500 € als Einzahlung auf das Nennkapital der AG. Derartige Einzahlungen seien nicht im Bestand des steuerlichen Einlagekontos zu erfassen, so dass dieses nicht zu erhöhen sei.
Demgegenüber entschied das FG, dass dies sehr wohl als Zugang im steuerlichen Einlagekonto zu berücksichtigen sei, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Investor seine Zahlung zur Reduzierung seiner Verpflichtung zur Erbringung der noch ausstehenden Einlagen geleistet habe, sondern diese zur Gewährleistung der „wirtschaftlichen Neugründung“ zu Gunsten der Rücklagen gezahlt habe. Insbesondere weise die Bilanz die ausstehenden Einlagen unverändert mit 37 500 € aus. Auch dürfe die Zahlung aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht als Erbringung der noch ausstehenden Bareinlagen qualifiziert werden, da – wie bei einer Neugründung – die Gläubiger tatsächlich zu ihrer Befriedigung auf einen Betrag in Höhe des Grundkapitals von 50 000 € zugreifen können müssen, die ursprünglich auf das Grundkapital geleisteten 12 500 € tatsächlich wirtschaftlich aber bereits aufgezehrt waren.
Hinweis:
Die weitere Entwicklung ist – für die Fälle ausstehender Einlagen – aufmerksam zu beobachten, weil das FG die Revision zugelassen hat, da der BFH zu den steuerrechtlichen Auswirkungen einer wirtschaftlichen Neugründung bislang noch nicht Stellung nehmen konnte.
In der Praxis sollte in dem Einlagebeschluss klar zum Ausdruck gebracht werden, ob die Leistung auf eine Einzahlungsverpflichtung erfolgt oder darüber hinaus.