Mit seinem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 12.7.2021 (Az. VI R 3/19) hat der BFH in Bestätigung seiner ständigen Rechtsprechung festgestellt,
– dass dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Einnahmen aus Tantiemeforderungen gegen seine GmbH, die diese ihrem beherrschenden Gesellschafter schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der GmbH ausgewirkt haben, bereits bei Fälligkeit zufließen,
– dass der Tantiemeanspruch fällig wird mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.
– Fehlen im Anstellungsvertrag Regelungen zur Fälligkeit des Tantiemeanspruchs oder ist dort nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts enthalten, kann der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gleichwohl wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses über seinen Tantiemeanspruch verfügen, der damit zu diesem Zeitpunkt zugeflossen ist.
Im konkreten Streitfall hatte die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin einer Steuerberatungs-GmbH geklagt. Nach ihrem Geschäftsführer-Dienstvertrag hatte sie Anspruch auf jährliche Tantiemen. Eine Anlage zu der Tantiemevereinbarung von 2010 enthielt folgende Regelung: „Der Anspruch auf Auszahlung der Tantieme wird aufgrund dieser Vereinbarung nicht mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig zur Auszahlung, sondern nach gesonderter Aufforderung durch den Geschäftsführer unter Berücksichtigung der Zahlungsmöglichkeit.“
Für die Streitjahre 2013 und 2014 wurden lediglich Teile der Tantiemen ausgezahlt, wobei das FA i.R.d. Einkommensteuerfestsetzungen, aber neben den ausgezahlten Tantiemen auch die nicht ausgezahlten Teilbeträge der Tantiemeansprüche als Arbeitslohn berücksichtigte. Das FG wies die hiergegen erhobene Klage ab, da dem beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen seine Gesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zufließe. Dieses Ergebnis hat der BFH unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung bestätigt. Tantiemen gehörten zum Arbeitslohn i.S.d. § 19 EStG und seien bei Zufluss steuerlich zu erfassen. Der Zufluss trete mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein (Verweis auf BFH v. 28.4.2020, VI R 44/17, BStBl II 2021, 392). In der Regel würden Geldbeträge dadurch zufließen, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Abweichend davon fließe alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschaftern eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu, da es ein beherrschender Gesellschafter regelmäßig in der Hand habe, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Wenn nun im Anstellungsvertrag Regelungen zur Fälligkeit des Tantiemeanspruchs fehlten oder dort nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts enthalten sei, habe es der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer zahlungsfähigen Gesellschaft in der Hand, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs zu bestimmen. Somit sei (wegen der Verfügungsmacht) bereits im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses der Tantiemeanspruch auch als zu diesem Zeitpunkt zugeflossen anzusehen. Im Streitfall konnte die Gesellschafter-Geschäftsführerin auch nach der getroffenen Tantiemevereinbarung die Fälligkeit der Tantieme im Anschluss an die Feststellung des Jahresabschlusses durch eine bloße Aufforderung gegenüber der GmbH herbeiführen. Es lag daher allein in der Hand der Gesellschafter-Geschäftsführerin, den Fälligkeitszeitpunkt des Tantiemeanspruchs zu bestimmen. Anhaltspunkte, dass die GmbH nicht in der Lage war, die Ansprüche in voller Höhe – also über die abgerufenen Beträge hinaus – zu erfüllen, lagen zudem nicht vor.