Für Unternehmer und Freiberufler

Zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung

7. Dezember 2020

a) Anschrift des leistenden Unternehmers
Eingangsrechnungen berechtigen nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn diese die gesetzlich geforderten Angaben enthalten. Danach muss eine Rechnung folgende Angaben enthalten – Vereinfachungen gelten insoweit bei Rechnungen über Kleinbeträge (bis 250,00 €):
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  1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,

  2. die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,

  3. das Ausstellungsdatum,

  4. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),

  5. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,

  6. den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; bei Abschlagszahlungen den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,

  7. das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,

  8. den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,

  9. insbesondere bei Bauleistungen, die an Privatpersonen erbracht werden: einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers, und

  10. in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten die Angabe „Gutschrift“.


[/mk_custom_list]In der Praxis führen diese Rechnungsanforderungen immer wieder zu Streitigkeiten mit der FinVerw und es droht eine Nichtanerkennung des Vorsteuerabzugs. Der BFH hatte sich in mehreren Urteilen zur Frage der „Anschrift des leistenden Unternehmers“ geäußert und die FinVerw hat nun mit Schreiben des BMF vom 13.7.2020 (Aktenzeichen III C 2 – S 7280-a/19/10001:001) diese Rechtsprechung allgemein anerkannt. Insoweit gelten folgende Grundsätze:

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  • Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung setzt nicht voraus, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt wird, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift, einschließlich einer Briefkastenanschrift, aus, sofern der leistende Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist.

  • Diese Aussage hat der BFH dahingehend präzisiert, dass für die Prüfung des Rechnungsmerkmals „vollständige Anschrift“ der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich ist. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger.

  • Weiterhin hat der BFH entschieden, dass für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug eine Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer erforderlich ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, demzufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass die Steuerverwaltungen die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts kontrollieren können.


[/mk_custom_list]Handlungsempfehlung:
Insbesondere der Nachweis der postalischen Erreichbarkeit des Leistenden unter der angegebenen Adresse ist in der Praxis vielfach schwierig. Bei Aufnahme neuer Geschäftsbeziehungen sollten entsprechende Nachweise dokumentiert werden.

b) Rückwirkende Rechnungsberichtigung
Stellt sich im Nachhinein heraus, dass eine Rechnung nicht alle umsatzsteuerlich geforderten Anforderungen erfüllt, so ist zu prüfen, ob dieser Fehler geheilt werden kann. Dies kann entweder durch eine neu erstellte Rechnung erfolgen oder aber in einer Berichtigung der seinerzeit erstellten, aber nicht ausreichenden Rechnung. Der BFH bekräftigt aber seine Auffassung, wonach eine berichtigungsfähige Rechnung nur dann vorliegt, wenn das Dokument zumindest ausreichende Angaben zu Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt sowie gesondertem Umsatzsteuerausweis enthält. Ist dies gegeben, so wirkt die Berichtigung gemäß BFH auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung zwingend zurück. Andererseits wird aber auch herausgestellt, dass die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug neben dem Vorliegen der materiellen Voraussetzungen auch weiterhin den Besitz einer Rechnung voraussetzt.
In einem umfangreichen Schreiben vom 18.9.2020 (Aktenzeichen III C 2 – S 7286-a/19/10001:001) hat die FinVerw den aktuellen Stand zu diesem Fragenkomplex aus ihrer Sicht dargestellt.[mk_custom_list icon_color="/wp-content/uploads/2016/09/favicon.ico" margin_bottom="30" align="none"]

  • Die FinVerw hält an dem Grundsatz fest, dass der Besitz einer Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinne Voraussetzung für die Ausübung des Vorsteuerabzugs ist. Funktion der Rechnung ist die Kontrolle sowohl des Leistenden als auch des Leistungsempfängers durch die FinVerw. Ein Vorsteuerabzug gänzlich ohne Rechnung ist daher nicht möglich. Das Recht auf Vorsteuerabzug kann jedoch ausnahmsweise auch geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer eine Rechnung besitzt, die nicht alle formellen Voraussetzungen erfüllt. Der Vorsteuerabzug ist unter Anwendung eines strengen Maßstabes – also nur ganz ausnahmsweise – auch zu gewähren, wenn die FinVerw über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen zu überprüfen. Ohne Rechnung sei aber kein Nachweis möglich, dass auf der vorausgehenden Umsatzstufe tatsächlich Umsatzsteuer entrichtet wurde.

  • Eine fehlerhafte Rechnung kann im Grundsatz berichtigt werden durch Nachholung der fehlenden Angaben. Insoweit ist Voraussetzung, dass vorher überhaupt eine berichtigungsfähige Rechnung vorlag. Ein Dokument ist dann eine rückwirkend berichtigungsfähige Rechnung, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Sind diese Anforderungen erfüllt, so entfaltet eine Rechnungsberichtigung Rückwirkung.

  • Die Berichtigung kann sowohl durch Berichtigungsdokumente unter Bezugnahme auf die Rechnung erfolgen als auch in Gestalt der Stornierung und Rechnungsneuerteilung.

  • Wird eine Rechnung mit Rückwirkung berichtigt, ist das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich für den Besteuerungszeitraum auszuüben, in dem die Leistung bezogen wurde und die ursprüngliche Rechnung vorlag. Abweichend hiervon kann bei einem zu niedrigen Steuerausweis in der ursprünglichen Rechnung ein Vorsteuerabzug nur in Höhe des ursprünglich zu niedrigen Steuerbetrags ausgeübt werden. Das Recht zum Vorsteuerabzug in Höhe des Mehrbetrags kann erst in dem Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem der Leistungsempfänger im Besitz der Rechnung ist, die den Steuerbetrag in zutreffender Höhe ausweist.


[/mk_custom_list]Handlungsempfehlung:
Stellt sich heraus, dass Rechnungen nicht alle geforderten Angaben enthalten, so muss sehr sorgfältig geprüft werden, welche Handlungsoptionen zur Heilung dieses Fehlers bestehen. Bei materiell bedeutsamen Fällen sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden.

Hinweis:
Nun soll allerdings im Jahressteuergesetz 2020 die Auffassung der FinVerw gesetzlich festgeschrieben werden, wonach eine Rechnungsberichtigung kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des steuerlichen Verfahrensrechts ist, was eine Änderungsmöglichkeit der ursprünglichen Steuerveranlagung eröffnen würde. Damit will die FinVerw der anderslautenden Rechtsprechung begegnen.
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