Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Ableitung des Anteilswerts einer Kapitalgesellschaft aus Verkäufen zwischen fremden Dritten – der Substanzwert ist nicht zwingend der Mindestwert

16. Juni 2025


Mit seinem Urteil v. 25.9.2024 (Az. II R 15/21) hat der BFH entschieden,





–  dass der Wert von Anteilen an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft dann nicht nach § 11 Abs. 2 Satz 3 des BewG auf den Substanzwert begrenzt ist, wenn eine Ableitung des (niedrigeren) gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, möglich ist.





–  Zur Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG seien solche Verkäufe nicht heranzuziehen, bei denen über Jahre hinweg regelmäßig derselbe Preis zu Grunde gelegt wird.





Im konkreten Streitfall war die Bewertung eines Anteils von 9,95 % an einer GmbH für Zwecke der Erbschaftsteuer strittig.





Eine Besonderheit des Sachverhalts lag darin, dass bereits in den Jahren zuvor mehrfach Einziehungen von Teilgeschäftsanteilen an der GmbH jeweils zu einem Einziehungskurs von 400 % des jeweiligen Nennkapitals sowie Anteilsveräußerungen unter Gesellschaftern zu einem Veräußerungspreis von 400 % bzw. 380 % des Nennkapitals erfolgt waren. Auch innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag erfolgten zwei Einziehungen von Teilgeschäftsanteilen an der GmbH zu einem Einziehungskurs von 400 %. Die FinVerw setzte bei der Wertfeststellung jedoch den Substanzwert an und stellte den Wert des Anteils an der GmbH auf ein Vielfaches des vereinbarten Preises fest. Nach Feststellung des BFH soll der Substanzwert der GmbH mehr als das Sechsfache des sich aus dem Einziehungskurs ergebenden Werts betragen haben.





Für diesen Streitfall hat das FG im ersten Zug entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass stets – und so auch im Streitfall – nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG der Substanzwert als Mindestwert anzusetzen ist. Diese Auffassung hat der BFH verworfen und festgestellt, dass dieser Substanzwert als Untergrenze auf einen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus zeitnahen Verkäufen unter fremden Dritten abgeleiteten Wert gerade keine Anwendung findet. Eine Begrenzung auf den Substanzwert erfolge also dann nicht, wenn eine Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, möglich ist.





Im konkreten Streitfall komme aber der Einziehungskurs i.H.v. 400 % des Nennkapitals nicht als Ableitung des gemeinen Werts aus solchen zeitnahen Verkäufen in Betracht, da eine solche Ableitung auf den Preis abstelle, der bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erzielt wurde. Gewöhnlicher Geschäftsverkehr sei nach ständiger Rechtsprechung der Handel, der sich nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage vollzieht und bei dem jeder Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern freiwillig in Wahrung seiner eigenen Interessen zu handeln in der Lage ist.





Daher seien zur Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten solche Verkäufe nicht heranzuziehen, bei denen regelmäßig derselbe Preis (insbesondere der Nominalwert) zu Grunde gelegt wird (so im Streitfall). Im Ergebnis, so der BFH, verletze der Ansatz des Substanzwerts die Stpfl. jedenfalls im Ergebnis nicht in ihren Rechten; die Revision der Stpfl. wurde abgewiesen.





Hinweis:





Mit diesem überaus praxisrelevanten Urteil hat der BFH klargestellt, dass der Substanzwert nur dann die Untergrenze des Werts eines Gesellschaftsanteils bildet, wenn kein gemeiner Wert aus den Veräußerungen unter fremden Dritten zu Marktkonditionen zu ermitteln ist. Damit rücken die Anforderungen der Rechtsprechung an solche Sachverhalte, die als Verkäufe unter fremden Dritten eingeordnet (bzw. diesen gleichgestellt) werden könnten, ins Zentrum des Interesses – solche Sachverhalte sollten sorgfältig beachtet (und auch dokumentiert) werden.


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