Die Anforderungen an die handelsrechtliche Rechnungslegung sind sehr deutlich hinsichtlich der Rechtsform und der Größe des Unternehmens gestaffelt:
Einzelunternehmen:
– Einzelunternehmen müssen dann eine kaufmännische Buchführung einrichten, wenn diese ein Handelsgewerbe betreiben und die Komplexität des Betriebes dies erfordert. Generell nicht buchführungspflichtig sind Freiberufler. Besteht keine Buchführungspflicht, so kann insbesondere auch der steuerliche Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt werden.
– Die handelsrechtliche Bilanzierungspflicht erfordert die Aufstellung eines Jahresabschlusses mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Ein Anhang oder Lagebericht ist nicht verpflichtend. Auch muss der Jahresabschluss nicht allgemein offen gelegt werden. Vielmehr wird dieser i.d.R. nur dem Finanzamt und der Hausbank zugänglich gemacht.
– Besteht eine handelsrechtliche Buchführungspflicht, so kann (Wahlrecht) hierauf aber verzichtet werden und der Gewinn mittels der einfach anzuwendenden Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt werden, wenn in zwei aufeinander folgenden Jahren die Umsatzerlöse 800 000 € und der Gewinn 80 000 € nicht übersteigen.
– Soweit ein Gewerbebetrieb betrieben wird und keine doppelte Buchführung eingerichtet ist, kann das Finanzamt auffordern, eine solche einzurichten. Dies gilt aber nur dann, wenn der Umsatz im Kalenderjahr die Grenze von 800 000 € oder der Gewinn die Grenze von 80 000 € überschritten hat. Diese Grenzen wurden nun mit Wirkung ab 2024 angehoben. Insoweit ergibt sich eine Buchführungspflicht allerdings stets erst nach Aufforderung durch die FinVerw und erst ab dem Wirtschaftsjahr, das der Aufforderung folgt.
Hinweis:
Die Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschussrechnung ist deutlich einfacher als eine Bilanzierung. Insbesondere erfordert dies nicht die Durchführung einer Inventur des Vorratsvermögens und nicht der Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen mittels Rechnungsabgrenzungsposten bzw. Rückstellungen. Andererseits ist die Bilanzierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht sehr viel aussagekräftiger.
Personengesellschaft mit vollhaftenden Gesellschaftern:
– Vorstehende Grundsätze gelten ebenso für Personengesellschaften mit natürlichen Personen als vollhaftenden Gesellschaftern. Einzig das Wahlrecht zum Verzicht auf die Bilanzierung nach Handelsrecht bei Unterschreiten der Umsatzgrenze von 800 000 € und der Gewinngrenze von 80 000 € besteht ausschließlich für Einzelunternehmen und nicht für Personengesellschaften.
Kapitalgesellschaft (insbesondere GmbH) und GmbH & Co. KG:
– Kapitalgesellschaften, insbesondere also die GmbH und auch die GmbH & Co. KG in ihrer typischen Form, wenn also keine natürliche Person unbeschränkt haftender Gesellschafter ist, müssen handelsrechtlich zwingend eine doppelte Buchführung einrichten und einen Jahresabschluss erstellen. Diese Verpflichtung gilt auch steuerlich. Eine Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschussrechnung ist also ausgeschlossen.
– Des Weiteren werden die Berichtspflichten differenziert nach der Größe des Unternehmens. Unterschieden wird zwischen Kleinstgesellschaften, „Kleinen Gesellschaften“, „Mittelgroßen Gesellschaften“ und „Großen Gesellschaften“. Maßgeblich für die Einstufung sind die Bilanzsumme, der Jahresnettoumsatz und die Arbeitnehmerzahl im Jahresdurchschnitt. Die insoweit maßgeblichen Kriterien wurden nun merklich angehoben und es gelten folgende Grenzwerte:
Kleinstgesellschaft | Kleine Gesellschaft | Mittelgroße Gesellschaft | Große Gesellschaft | |
Bilanzsumme | <= 450 000 € (bisher: 350 000 €) | <= 7,5 Mio. € (bisher: 6 Mio. €) | <= 25 Mio. € (bisher: 20 Mio. €) | > 25 Mio. € (bisher: 20 Mio. €) |
Umsatzerlöse | <= 900 000 € (bisher: 700 000 €) | <= 15 Mio. € (bisher: 12 Mio. €) | <= 50 Mio. € (bisher: 40 Mio. €) | > 50 Mio. € (bisher: 40 Mio. €) |
Mitarbeiter | < 10 (unverändert) | <= 50 (unverändert) | <= 250 (unverändert) | > 250 (unverändert) |
Die Rechtsfolgen der Qualifizierung nach den Größenklassen treten nur ein, wenn an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der drei maßgeblichen Größenmerkmale über- oder unterschritten werden.
– Je nach Größenklasseneinstufung sind die Anforderungen an die handelsrechtliche Rechnungslegung unterschiedlich. Insbesondere sind folgende Aspekte von Bedeutung:
Kleinstgesellschaft | Kleine Gesellschaft | Mittelgroße Gesellschaft | Große Gesellschaft | |
Bestandteile des Jahresabschlusses | Bilanz, GuV – ganz stark zusammengefasst; kein Anhang | Bilanz, GuV, Anhang (stark vereinfacht) | Bilanz, GuV, Anhang (vereinfacht) | Bilanz, GuV, Anhang |
Gliederungsvorschriften für Bilanz und GuV | ganz stark zusammengefasste Gliederung möglich | Vereinfachte Gliederung | Gesetzliche Gliederungsvorgaben | Gesetzliche Gliederungsvorgaben |
Lagebericht | nein | nein | ja | ja |
Aufstellungsfrist | 6 Monate | 6 Monate | 3 Monate | 3 Monate |
Prüfungspflicht | nein | nein | ja | ja |
Offenlegung (Publizität) | Unternehmensregister (Vereinfachungen und ohne GuV) oder wahlweise Hinterlegung | Unternehmensregister (Vereinfachungen und ohne GuV) | Unternehmensregister (Vereinfachungen) | Unternehmensregister |
Hinweis:
Von besonderer Bedeutung ist die Abgrenzung zwischen der mittelgroßen Gesellschaft und der großen Gesellschaft, da Letztere ab 2025 grundsätzlich zur umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung als gesonderter Bestandteil des Lageberichtes verpflichtet sind.
– Die angehobenen Schwellenwerte für die Größenklasseneinstufung gelten grds. ab 2024 (genau: Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen). Bei der Prüfung der Größenklasseneinstufung sind die angehobenen Schwellenwerte auch bzgl. der Beurteilung des vorangegangenen Abschlussstichtags anzuwenden.
– Wahlweise können die angehobenen Schwellenwerte auch bereits für den Jahresabschluss zum 31.12.2023 angewandt werden. Mithin ist z.B. eine Kapitalgesellschaft mit kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr, die das Wahlrecht in Anspruch nimmt, zum 31.12.2023 retrospektiv auf Basis der neuen Schwellenwerte als mittelgroß einzustufen, wenn sie entweder zum 31.12.2023 und 31.12.2022 oder zum 31.12.2022 und 31.12.2021 mindestens zwei der drei angehobenen Schwellenwerte für große Kapitalgesellschaften nicht überschritten hatte. Führen die angehobenen Schwellenwerte zu einer günstigeren Größenklasseneinstufung für den Jahresabschluss zum 31.12.2023, so kann selbst dann, wenn dieser bereits aufgestellt und ggf. sogar bereits von den Gesellschaftern festgestellt wurde, ein geänderter Jahresabschluss nach der günstigeren Größenklasseneinstufung für Zwecke der Offenlegung des Jahresabschlusses aufgestellt werden und insoweit alle Erleichterungen für die sich nun ergebenden Größenklasseneinstufung genutzt werden.
Handlungsempfehlung:
Individuell ist zu prüfen, welche handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Anforderungen an die Rechnungslegung bestehen. Dabei sind auch Anforderungen von Abschlussadressaten, wie z.B. Kreditinstituten, zu berücksichtigen. Das Größenmerkmal der Bilanzsumme kann im Einzelfall durch bilanzpolitische Maßnahmen beeinflusst werden.