Von einer steuerlichen Betriebsaufspaltung wird dann gesprochen, wenn zwischen zwei rechtlich selbständigen Einheiten eine personelle und eine sachliche Verflechtung vorliegt. Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn die eine Einheit der anderen (mindestens) eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt.
Typische Konstellation ist, dass auf der einen Seite eine Besitzunternehmung steht (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft), welche Anlagevermögen – insbesondere Grundvermögen – hält und dieses einer von den gleichen Personen beherrschten Betriebskapitalgesellschaft zur Nutzung überlässt. Mittels einer solchen Struktur kann insbesondere wertvolles Anlagevermögen, wie eine Immobilie, aus dem Haftungsbereich des Betriebsunternehmens herausgehalten werden. Aber es bieten sich z.B. auch Vorteile im Hinblick auf die Jahresabschlusspublizität, da das im Unternehmensregister veröffentlichte Jahresergebnis der Betriebsgesellschaft um die Pachtaufwendungen an das Besitzunternehmen vermindert wird.
Das steuerliche Risiko einer Betriebsaufspaltung liegt nun weniger in der laufenden Besteuerung. Die Gewerbesteuerbelastung des Besitzunternehmens wird jedenfalls ganz oder zumindest teilweise bei den Gesellschaftern durch die Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer wieder ausgeglichen. Das Risikopotenzial liegt jedoch insbesondere darin, dass eine solche steuerliche Betriebsaufspaltung nicht selten ungewollt entsteht und auch ungewollt beendet wird. Die Beendigung einer steuerlichen Betriebsaufspaltung durch Wegfall der personellen oder/und der sachlichen Verflechtung führt nun zur Aufdeckung und Versteuerung sämtlicher stiller Reserven in dem verpachteten Anlagevermögen und in den Anteilen an der Betriebsgesellschaft. Dies kann zu erheblichen Steuerbelastungen führen.
Aktuell hat der BFH mit Entscheidung vom 19.9.2024 (Az. IV R 5/20) einen solchen Fall aufgegriffen. Insbesondere bestätigt das Gericht, dass für die Annahme einer personellen Verflechtung entscheidend ist, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Person oder Personengruppe bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen steht. Insoweit genügt es für die Annahme des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens, dass an beiden Unternehmen mehrere Personen in unterschiedlicher Höhe beteiligt sind, die zusammen in beiden Unternehmen über die Mehrheit der Stimmen verfügen (sogenannte Personengruppentheorie). Jene Personen bilden – unabhängig von einer unterschiedlichen Beteiligungshöhe – eine durch gleichgerichtete Interessen geschlossene Personengruppe. Dies wird damit gerechtfertigt, dass die Gesellschafter des Betriebsunternehmens nicht zufällig zusammengekommen sind, sondern sich auch beim Besitzunternehmen zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks zusammengefunden haben, ihr Handeln also durch gleichgerichtete Interessen bestimmt ist.
Die von der Personengruppentheorie aufgestellte Vermutung gleichgerichteter Interessen kann nur ausnahmsweise widerlegt werden. Dies ist der Fall, wenn ein konkreter Interessenkonflikt nachgewiesen wird. Aber auch bei extrem konträren Beteiligungsverhältnissen in Besitz- und Betriebsgesellschaft kann das Vorliegen gleichgerichteter Interessen in Frage gestellt sein.
Die Möglichkeit der Durchsetzung eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens in der Besitz- und der Betriebsgesellschaft muss sich sowohl auf die laufenden Geschäfte als auch auf die die wesentlichen Betriebsgrundlagen betreffenden Nutzungsüberlassungsverträge erstrecken. Die Person bzw. Personengruppe muss die laufenden Geschäfte aktiv beherrschen. In Bezug auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen verlangt die Rechtsprechung, dass dieses nicht gegen den Willen der Person oder der Personengruppe aufgelöst werden kann, die die laufenden Geschäfte (aktiv) beherrscht.
Handlungsempfehlung:
Solche Konstellationen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung müssen in der Praxis zwingend erkannt werden. Im Einzelfall können Maßnahmen ergriffen werden, um eine personelle Verflechtung zu vermeiden. Dies bedarf allerdings einer sorgfältigen Gestaltung. Im Übrigen können Maßnahmen ergriffen werden, um den Bestand einer steuerlichen Betriebsaufspaltung zumindest gegen eine unbeabsichtigte Beendigung abzusichern.