Mit seinem für die Praxis wichtigen Urteil vom 20.2.2024 (B 12 KR 1/22 R) hat das BSG zur Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern seine Rechtsprechung fortgeführt und entschieden, dass der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft das wesentliche Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung darstellt, wenn ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist.
Im konkreten Streitfall hatte eine GmbH geklagt, deren Gesellschafter eine Holding-GmbH mit Anteilen i.H.v. 50 % und zwei natürliche Personen mit Anteilen i.H.v. jeweils 25 % waren. Der Beigeladene war Geschäftsführer der Stpfl. und zudem zu 50 % Gesellschafter der Holding-GmbH. Die andere Hälfte der Geschäftsanteile an der Holding-GmbH hielt seine Ehefrau. Der Beigeladene und seine Ehefrau waren jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Holding-GmbH.
Dazu vertrat die Deutsche Rentenversicherung die Auffassung, es läge eine Versicherungspflicht des Beigeladenen auf Grund einer Beschäftigung vor. Die Vorinstanzen haben die Klage bzw. die Berufung abgewiesen und auch das BSG hat dieses Ergebnis der Versicherungspflicht bestätigt. Das BSG stellt dazu u.a. folgende Grundsätze heraus:
– Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
– Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der zumindest 50 % der Anteile am Stammkapital hält.
– Der selbständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss in der Lage sein, einen maßgeblichen Einfluss auf alle Gesellschafterbeschlüsse auszuüben und dadurch die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend mitbestimmen zu können. Ohne diese Mitbestimmungsmöglichkeit sei ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer in weisungsgebundener, funktionsgerecht dienender Weise in die GmbH als seine Arbeitgeberin eingegliedert.
Im Streitfall war nun aber der Geschäftsführer der klagenden GmbH weder an der GmbH beteiligt noch habe er als Gesellschafter-Geschäftsführer der Holding-GmbH über eine hinreichende, die Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht verfügt. Zwar könne sich die Rechtsmacht auch aus einer mittelbaren Beteiligung ergeben, im Streitfall fehle aber diese Rechtsmacht, weil seine Ehefrau mit einer Beteiligung i.H.v. ebenfalls 50 % gleichberechtigte Gesellschafterin-Geschäftsführerin der Holding-GmbH war.
Hinweis:
Nach der Rechtsprechung des BSG ist für die praktische Befreiung von der Sozialversicherungspflicht entscheidend, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist nach der Rechtsprechung des BSG zum einen bei einem Gesellschafter gegeben, der zumindest 50 % der Anteile am Stammkapital hält. Zum anderen kann auch bei geringeren Kapitalbeteiligungen von unter 50 % diese Rechtsmacht gegeben sein, wenn der Gesellschafter z.B. über eine „echte Sperrminorität“ verfügt und so Entscheidungen des Unternehmens maßgeblich beeinflussen kann. Da das BSG schon mit Urteil v. 14.3.2018 entschieden hatte, dass einem Minderheitsgesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt sein muss, wird mit Blick auf eine Sozialversicherungsfreiheit empfohlen, dies gesellschaftsvertraglich zu regeln.