Einführung der E-Rechnungspflicht im B2B-Geschäft
Erbringt ein Unternehmer eine Leistung an einen anderen, im Inland ansässigen Unternehmer für dessen Unternehmen (B2B – Business-to-Business), muss zukünftig grundsätzlich eine elektronische Rechnung (E-Rechnung) erteilt werden. Dies ist allerdings keine Rechnung in einem beliebigen elektronischen Format, wie z.B. eine PDF-Datei. Vielmehr ist eine elektronische Rechnung eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Die E-Rechnung wird damit zum neuen Rechnungsstandard und die Erstellung einer Papierrechnung zum Ausnahmefall.
Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung gilt ab 1.1.2025. Umgesetzt wurden aber umfangreiche Übergangsregelungen, so dass die Umstellung auf die E-Rechnung über einen Übergangszeitraum umgesetzt werden kann. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Übergangsregelungen nur für die Erstellung von Ausgangsrechnungen durch den Unternehmer gelten. Dagegen müssen alle umsatzsteuerlichen Unternehmer ab dem 1.1.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen.
Nachdem das Thema E-Rechnungspflicht im Bereich der Rechnungsstellung im B2G-Bereich („Business-to-Government“) – also an Auftraggeber der öffentlichen Hand – in Deutschland bereits umgesetzt ist, folgt nun die schrittweise Einführung auch für die Rechnungsstellung zwischen zwei Unternehmern (B2B). Damit wird eine erste Maßnahme zur Umsetzung der EU-Initiative „ViDA“ (VAT in the digital age) umgesetzt. Ziel dieser Initiative ist es, den Umsatzsteuerbetrug zu minimieren und den digitalen Prozessen der Wirtschaft gerecht zu werden. Die E-Rechnung bildet die Grundlage für die im Rahmen von ViDA geplante Einführung eines EU-einheitlichen Meldewesens für nationale und EU-weite Umsätze. Dies ist insgesamt ein Prozess, der über mehrere Jahre gehen wird. Zunächst soll das Meldesystem für den grenzüberschreitenden Warenverkehr innerhalb der EU gelten und das bisherige System der Zusammenfassenden Meldung (ZM) ersetzen. Aber auch diese Umsetzung steht noch aus.
Handlungsempfehlung:
Auch wenn die Einführung der E-Rechnung mit umfangreichen Übergangsfristen verbunden ist, müssen sich Unternehmen bereits jetzt schon darauf einstellen. Die FinVerw hat ein begleitendes Einführungsschreiben im Entwurf vorgelegt. Unternehmen müssen rechtzeitig sicherstellen, dass der Empfang und die Erteilung von E-Rechnungen möglich werden. Individuell ist zu prüfen, ob dies über die Implementierung eines entsprechenden Prozesses im eigenen ERP-System oder durch die Nutzung einer separaten Softwarelösung erfolgt.
Hinweis:
Zu sehen ist, dass die Umstellung auf eine elektronische Rechnungsstellung mit deutlichen Vorteilen verbunden sein kann. So können Kosten für die Erstellung, Übermittlung und Archivierung der Rechnung gesenkt werden, interne Prozesse können beschleunigt werden, da die Rechnungen unmittelbar im ERP-System allen zur Verfügung stehen, Zahlungseingänge können durch den elektronischen Versand beschleunigt und durch die durchgängige IT-Lösung einfacher überwacht werden.
Definition des Rechnungsbegriffs im Umsatzsteuergesetz – E-Rechnung als neuer Rechnungsstandard
Mit Wirkung ab dem 1.1.2025 wird der Begriff der elektronischen Rechnung neu definiert. Danach ist eine E-Rechnung eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Das strukturierte elektronische Format muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntax gem. RL 2014/55/EU entsprechen (und damit der CEN-Norm EN 16931). Eine Rechnung, die nicht den Anforderungen der neuen Definition einer E-Rechnung genügt, wird zukünftig als „sonstige Rechnung“ bezeichnet. Damit wird die E-Rechnung zum Rechnungsstandard.
Alternativ kann das strukturierte elektronische Format einer elektronischen Rechnung zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden. Dann ist allerdings Voraussetzung, dass sich die nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Angaben richtig und vollständig in ein Format extrahieren lassen, das der CEN-Norm EN 16931 entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Ist dies gegeben, sind z.B. auch über EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen, deren Formate nicht der CEN-Norm EN 16931 entsprechen, weiterhin zulässig. Die Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format muss also ein IT-gestütztes Auslesen und Weiterverarbeiten der Rechnung erlauben.
Erfüllt werden die Formatanforderungen z.B. von der X-Rechnung, die v.a. im öffentlichen Auftragswesen bereits zum Einsatz kommt, oder dem hybriden ZUGFeRD-Format (Kombination aus PDF-Dokument und XML-Datei):
– X-Rechnungen sind der Standard für öffentliche Aufträge sowie an den Bund und die Kommunen (B2G-Umsätze). Diese werden im xml-Format dargestellt. Hierbei handelt es sich um einen Datensatz mit allen relevanten Informationen, der jedoch für das menschliche Auge nicht komfortabel lesbar ist. Der Datensatz kann allerdings vom Rechnungsempfänger visualisiert werden.
– Beim ZUGFeRD-Format handelt es sich um ein hybrides E-Rechnungs-Format. Dies bedeutet, dass hier maschinenlesbare xml-Dateien in menschenlesbare PDF-/A3-Dateien eingebettet werden.
– Auch andere europäische Rechnungsformate wie z.B. Factur-X (Frankreich) oder FatturaPA (Italien) entsprechen den Anforderungen der Norm EN 16931.
Weiterhin müssen folgende Aspekte erfüllt sein, nämlich
– die Echtheit der Herkunft – der Aussteller der Rechnung muss also eindeutig identifizierbar sein,
– die Unversehrtheit des Inhalts – es dürfen also keine inhaltlichen Veränderungen möglich sein und
– die Lesbarkeit der Rechnung – also die maschinelle Auswertbarkeit.
Mithin muss also das strukturierte elektronische Format so beschaffen sein, dass der Rechnungsempfänger nach Empfang der elektronischen Rechnung keine Änderungen oder Ergänzungen an dieser vornehmen kann, ohne dass diese erkennbar wären. Im Ergebnis ist damit eine E-Rechnung eine elektronische Datei, die nur mithilfe entsprechender Software lesbar gemacht werden kann. Dieser Datei kann aber auch eine für den Menschen unmittelbar lesbare Version (z.B. als PDF-Datei) beigefügt werden, wenn diese in einer Datei verknüpft werden (hybrides Format).
Sobald kein strukturiertes elektronisches Format, sondern nur ein elektronisches Format verwendet wird, liegt keine E-Rechnung, sondern eine „sonstige Rechnung“ vor. Das ist z.B. der Fall, wenn eine Rechnung als PDF-Dokument per E-Mail übermittelt wird.
Hinweis:
Die Ausstellung und Übermittlung einer Rechnung in einem anderen elektronischen Format als dem der E-Rechnung bedarf der Zustimmung des Leistungsempfängers. Ebenso bedarf in anderen Fällen als der Leistung an einen anderen Unternehmer die Verwendung einer elektronischen Rechnung der Zustimmung des Empfängers. Diese Zustimmung bedarf nach den (vorläufigen) Vorgaben der FinVerw keiner besonderen Form. Sie kann etwa in Form einer Rahmenvereinbarung (z.B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) oder auch konkludent (durch widerspruchslose Annahme/Zahlung) erfolgen.
Hinweis:
Bei all diesen Formvorgaben dürfen auch die inhaltlichen Anforderungen an die umsatzsteuerlichen Rechnungen nicht aus dem Blick geraten. Der strukturierte Teil einer E-Rechnung muss alle gesetzlichen Rechnungspflichtangaben enthalten. Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung stellt die FinVerw klar, dass die im strukturierten Teil der E-Rechnung enthaltenen Angaben eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen müssen. Dabei können aber auch ergänzende Angaben in einen in die E-Rechnung integrierten Anhang aufgenommen werden. Dies betrifft z.B. Stundennachweise.
Die Übermittlung einer E-Rechnung muss in elektronischer Form erfolgen. Für die Übermittlung von E-Rechnungen kommen beispielsweise der Versand per E-Mail, die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle oder die Möglichkeit des Downloads über ein (Kunden-)Portal in Betracht.
Hinzuweisen ist darauf, dass auch E-Rechnungen archiviert werden müssen. Insoweit gelten die allg. Regeln, also die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD). Der Prozess der Erstellung und des Versands sowie des Empfangs von E-Rechnungen und deren Archivierung muss dokumentiert werden (Verfahrensdokumentation).
Die Übermittlung einer E-Rechnung erfolgt also in folgendem Prozess:
1. Rechnungserstellung: Die E-Rechnung muss mit allen umsatzsteuerlichen Pflichtangaben und in dem vorgegebenen Format elektronisch erstellt werden. Dies kann IT-seitig beliebig umgesetzt werden, also z.B. unmittelbar aus dem Rechnungswesenprogramm, einem Auftragsverwaltungsprogramm oder mit einem einfachen Hilfsprogramm erfolgen. Neben diesen Pflichtangaben können beliebige Zusatzangaben in den elektronischen Datensatz aufgenommen werden, wie z.B. Kreditorennummer oder Zahlungsinformationen.
2. Archivierung: Die erzeugte E-Rechnung muss vom Rechnungsaussteller revisionssicher archiviert werden. Das heißt es muss sichergestellt werden, dass die E-Rechnung als Datensatz in ihrem ursprünglichen Format unveränderbar und revisionssicher aufbewahrt wird.
3. Elektronische Übermittlung: Die E-Rechnung muss sodann elektronisch an den Leistungsempfänger übermittelt werden. Dies kann schlicht als E-Mail mit der E-Rechnung als Anhang erfolgen oder in Absprache mit dem Leistungsempfänger über beliebige andere Übermittlungssoftware/IT-Schnittstellen, wie z.B. dem Hochladen in ein Lieferantenportal.
Hinweis:
Dieser Prozess und die konkrete Vorgehensweise durch den Unternehmer ist in der Verfahrensdokumentation festzuhalten.
In welchen Fällen besteht die Pflicht zur Erteilung einer E-Rechnung?
Ob künftig für eine Leistung zwingend eine E-Rechnung zu erteilen ist oder ob weiterhin auf anderem Wege abgerechnet werden darf, hängt im Wesentlich von dem Adressaten der Rechnung sowie von der Art der erbrachten Leistung ab. Daher wird es künftig bei vielen Unternehmen zu einem Nebeneinander von E-Rechnungen und sonstigen Rechnungen kommen.
Hinweis:
Dies kann in der Praxis dann unterschiedlich gehandhabt werden. So kann es je nach Geschäftsmodell sinnvoll sein, stets mit einer E-Rechnung abzurechnen und daneben die gleiche Rechnung auch in konventionellem Format zu übermitteln (hybrides Format). In anderen Fällen kann aber auch von vorneherein anhand der Kundendaten eine Trennung in E-Rechnung oder Rechnung in konventionellem Format erfolgen. Dann muss aber bereits beim Auftragsvorgang eine entsprechende Datenabfrage erfolgen.
Die E-Rechnungspflicht gilt nur für einen bestimmten Kundenkreis und für bestimmte Leistungen:
– Eine E-Rechnungspflicht besteht zukünftig grds. nur dann, wenn Unternehmer ihre Leistung an einen Kunden erbringen, der selbst Unternehmer ist und die abgerechnete Leistung für sein Unternehmen empfängt (B2B). Im B2C-Bereich, also bei Leistungserbringung an Nichtunternehmer/Privatkunden, gilt die E-Rechnungspflicht also nicht; es kann aber in Absprache mit dem Kunden eine E-Rechnung oder eine Rechnung im hybriden Format übermittelt werden.
– Weiterhin ist Voraussetzung, dass der Kunde im Inland ansässig ist.
– Die E-Rechnungspflicht greift nur für Leistungen, die in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig oder aber steuerfrei gem. § 4 Nr. 1 bis 7 UStG sind. Damit gilt die deutsche E-Rechnungspflicht nicht für Leistungen, die nicht in Deutschland steuerbar oder aber steuerfrei gem. § 4 Nr. 8 ff. UStG sind – so insbesondere bei Grundstücksvermietungen, Grundstücksübertragungen, Leistungen z.B. der Ärzte, Zahnärzte und Physiotherapeuten, Krankenhausleistungen, künstlerische Leistungen, Schul- und Bildungsleistungen.
Generell gilt die E-Rechnungspflicht nicht für Kleinbetragsrechnungen (bis 250,00 €) und für Fahrausweise (ohne Betragsgrenze). Die Erteilung einer E-Rechnung ist in diesen Fällen aber möglich.
Die Regelungen zur verpflichtenden Verwendung von E-Rechnungen gelten ebenso für die Rechnungsausstellung in Form einer Gutschrift sowie z.B. für Rechnungen
– über Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet,
– die von Kleinunternehmern ausgestellt werden,
– Umsätze, die der Durchschnittssatzbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe unterliegen,
– über Umsätze, für welche die Differenzbesteuerung angewendet wird.
Voraussetzung ist dann allerdings stets, dass die genannten Umsätze an inländische Unternehmer ausgeführt werden.
Hinweis:
Damit muss auch ein Kleinunternehmer, der nur gelegentlich Leistungen an andere Unternehmer erbringt, die Möglichkeit schaffen, zukünftig E-Rechnungen ausstellen zu können.
Die E-Rechnungspflicht gilt auch gegenüber Unternehmern als Rechnungsempfängern, die selbst Kleinunternehmer sind oder ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführen, so z.B. als Vermieter einer Wohnung oder als Arzt.
Hinweis:
Für die Abrechnung über steuerpflichtige Werklieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen Nichtunternehmer (insb. Privatperson) oder an einen Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich kann eine sonstige Rechnung ausgestellt werden. In diesen Fällen ist die Ausstellung und Übermittlung einer Papierrechnung umsatzsteuerrechtlich immer zulässig. Eine Ausstellung und Übermittlung als E-Rechnung oder als eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ist hingegen in diesen Fällen nur mit der Zustimmung des Empfängers möglich. Diese Zustimmung bedarf keiner besonderen Form und kann auch konkludent (z.B. durch eine widerspruchslose Annahme) erfolgen. Mithin muss geprüft werden, ob der Leistungsempfänger als umsatzsteuerlicher Unternehmer anzusehen ist. Diese Prüfung sollte als Abfrage in den Bestellprozess integriert werden.
Dies betrifft z.B. Handwerksbetriebe. Diese müssen – soweit an Privatpersonen weiterhin ausschließlich eine Papierrechnung erstellt werden soll – zukünftig allerdings abfragen, ob die Leistung an einen Unternehmer für dessen Unternehmer (z.B. den privaten Immobilienvermieter für die vermieteten Immobilien) – dann zwingend E-Rechnung – oder für einen sonstigen Empfänger (z.B. die Privatwohnung des privaten Immobilienvermieters) erfolgt – dann wahlweise auch Papierrechnung. Möglicherweise ist es in diesem Fall auch einfacher, wenn zukünftig stets eine Rechnung in einem hybriden Format ausgestellt wird, so dass sowohl die Anforderungen der E-Rechnung als auch die unmittelbare Lesbarkeit für den Empfänger sichergestellt wird.
Zeitliche Anwendung der Pflicht zur Erteilung einer E-Rechnung
Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung im B2B-Bereich gilt ab 1.1.2025. Unternehmer müssen daher als Leistungsempfänger ab dem 1.1.2025 in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen.
Umgesetzt wurden aber für die Ausstellung von Rechnungen umfangreiche Übergangsregelungen. Abweichend zur verpflichtenden E-Rechnung kann (Wahlrecht) eine Rechnung nach bisherigem Standard, also auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers in einem anderen elektronischen Format (z.B. als PDF-Datei) übermittelt werden
– bis zum 31.12.2026 für einen nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2027 ausgeführten Umsatz – damit ist generell noch in 2025 und 2026 eine Rechnungsstellung nach den bisherigen Regelungen zulässig;
– bis zum 31.12.2027 für einen nach dem 31.12.2026 und vor dem 1.1.2028 ausgeführten Umsatz, wenn der Gesamtumsatz des die Rechnung ausstellenden Unternehmers im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800 000 € betragen hat – m.a.W. wenn der leistende Unternehmer in 2026 Umsätze größer 800 000 € getätigt hat, muss er verpflichtend ab 1.1.2027 E-Rechnungen ausstellen;
– bis zum 31.12.2027 für einen nach dem 31.12.2025 und vor dem 1.1.2028 ausgeführten Umsatz, wenn die Rechnung mittels elektronischen Datenaustauschs (EDI) übermittelt wird. Über den 31.12.2027 hinaus dürfen EDI-Rechnungen nur noch genutzt werden, wenn sie kompatibel zur Norm EN 16931 sind und der Rechnungsempfänger dem zugestimmt hat.
Handlungsempfehlung:
Es sind also praxisgerechte Übergangsregelungen geschaffen worden. Unternehmer müssen sich nun in den kommenden Jahren auf die neue elektronische Form der Rechnungsstellung einstellen. Hierzu sind entsprechende Softwarelösungen erforderlich. Zu beachten ist, dass zukünftig nicht selten parallel auch die Rechnungsstellung in Papierform ermöglicht werden muss, wenn ein Umsatz z.B. an eine Privatperson getätigt wird. Dies wird dann eine entsprechende Steuerung in den Kundendaten des Rechnungserstellungsprogramms erfordern. Hiervon werden viele Unternehmer betroffen sein, so z.B. Handwerker, Großhandel oder z.B. auch Restaurants oder Hotels.
Hinweis:
Erstellt der Leistungserbringer keine E-Rechnung, obwohl hierzu eine Verpflichtung besteht, so hat der Leistungsempfänger einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechnung. Auch steht dem Rechnungsempfänger ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich des von ihm zu zahlenden Entgelts zu, solange und soweit der Leistende seiner Verpflichtung zur Erteilung einer ordnungsgemäßen E-Rechnung nicht nachgekommen ist. Auch bedeutet der Verstoß gegen die E-Rechnungspflicht im Grundsatz einen Verstoß gegen die formellen Aufzeichnungspflichten. Soweit damit Anlass besteht, an der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen zu zweifeln, kann das FA in Ausnahmefällen Schätzungen vornehmen.
Hinsichtlich des Empfangs einer E-Rechnung gilt keine Übergangsregelung, er ist somit vom 1.1.2025 an durch den Unternehmer als Rechnungsempfänger zu gewährleisten. Zwar kann – soweit der Rechnungsaussteller unter die Übergangsregelung fällt – im Grundsatz weiterhin eine sonstige Rechnung erteilt werden. In der Praxis dürften Rechnungsaussteller aber eher frühzeitig einheitlich auf E-Rechnungen bzw. Rechnungen im hybriden Format umstellen, damit der Aufwand der Rechnungsausstellung möglichst gering gehalten wird.
Hinweis:
Besteht für einen Sachverhalt E-Rechnungspflicht, verweigert der Rechnungsempfänger jedoch die Annahme oder ist er ab dem 1.1.2025 hierzu technisch nicht in der Lage, hat er kein Anrecht auf eine alternative Ausstellung einer sonstigen Rechnung durch den Rechnungsaussteller. In diesem Fall gelten die umsatzsteuerlichen Pflichten des Rechnungsausstellers auch als erfüllt, wenn er eine E-Rechnung ausgestellt und sich nachweislich um ordnungsgemäße Übermittlung bemüht hat. Die reine Annahmefähigkeit von E-Rechnungen kann z.B. durch Einrichtung eines entsprechenden E-Mail-Postfachs sichergestellt werden.
Konsequenzen für Rechnungsempfänger
Zu beachten sind auch die Konsequenzen für Rechnungsempfänger. Die neue E-Rechnung gilt grundsätzlich ab 1.1.2025 und sofern ein inländisches Unternehmen als Rechnungsaussteller die Übergangsregelungen nicht in Anspruch nimmt, müssen inländische unternehmerische Rechnungsempfänger bereits ab dem 1.1.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen nach den neuen Vorgaben empfangen und verarbeiten zu können. Insoweit ist zu beachten, dass die elektronische Rechnungsstellung nicht an eine Zustimmung des Rechnungsempfängers geknüpft ist. Damit müssen zukünftig auch z.B. umsatzsteuerliche Kleinunternehmer oder auch Unternehmer, die ausschließlich umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen, wie z.B. Ärzte oder Wohnungsvermieter, in der Lage sein, elektronische Rechnungen im strukturierten Format empfangen und archivieren zu können.
Hinweis:
Bei Rechnungen an Endverbraucher bleibt deren Zustimmung Voraussetzung für die elektronische Rechnungsstellung.
Der Empfang der Rechnung verläuft im Grundsatz über folgenden Prozess:
1. Physischer Empfang der E-Rechnung: Die E-Rechnung muss als Datensatz elektronisch empfangen werden. Dies kann schlicht als E-Mail mit Anhang der E-Rechnungsdatei erfolgen, als direkter Empfang im Rechnungswesenprogramm bzw. ERP-Programm oder auch über eine mit dem Rechnungsaussteller vereinbarte Softwareschnittstelle/Kundenportal – so z.B. in Unternehmensgruppen oder z.B. Einkaufsverbünden.
2. Archivierung der E-Rechnung: Die E-Rechnung muss sodann revisionssicher archiviert werden. Das heißt es muss sichergestellt werden, dass die empfangene E-Rechnung als Datensatz in ihrem ursprünglichen Format unveränderbar und revisionssicher aufbewahrt wird. Um die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts gewährleisten zu können, bedarf es beispielsweise eines Prüfpfads oder einer elektronischen Signatur. Diese elektronische Archivierung der E-Rechnung ist zwingend. Nicht ausreichend wäre es, wenn diese lesbar gemacht und ausgedruckt wird und dieser Ausdruck aufbewahrt wird.
3. EDV-gestützte Extraktion der Daten aus der E-Rechnungsdatei: Sodann können die Daten aus der E-Rechnung softwaregestützt ausgelesen werden. Dies kann schlicht mit einem einfachen Hilfsprogramm erfolgen, welches die Daten ausliest und lesbar darstellt oder es kann ein unmittelbares Einlesen in das eigene Rechnungswesenprogramm bzw. ERP-Programm erfolgen, so dass auch eine IT-gestützte Weiterverarbeitung, wie z.B. Verbuchung oder Generierung einer Zahlung o.Ä., erfolgen kann.
Hinweis:
Die gesetzlichen Vorgaben lassen dem Stpfl. Flexibilität und das elektronische Format bietet darüber hinaus Möglichkeiten der Effizienzsteigerung:
– Die Art und Weise der EDV-Verarbeitung kann der Stpfl. selbst auswählen. Möglich ist lediglich der Empfang, die Archivierung und die Lesbarmachung der elektronischen Rechnung.
– Das elektronische Format kann aber auch für die weitere Verarbeitung genutzt werden, so für eine IT-gestützte Rechnungsprüfung und -freigabe, Verbuchung und Zahlung und z.B. die Erfassung von Mengen im Lagerprogramm.
– Das elektronische Format erleichtert auch die Etablierung von IT-gestützten Prüfroutinen hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Mindestangaben und der umsatzsteuerlichen Behandlung der Rechnung.
– Ebenso bestehen hinsichtlich des E-Rechnungsdatensatzes nur insoweit Vorgaben, als dieser zwingend die umsatzsteuerlichen Mindestangaben enthalten und in dem vorgegebenen Format sein muss. Zulässig ist es, zusätzliche Daten in den Datensatz mit aufzunehmen, welche z.B. der einfacheren weiteren Verarbeitung im Rechnungswesen dienen, wie z.B. Debitoren oder Vorgangsnummer, Zahlungsinformationen o.Ä.
Aus materieller Sicht ist von Bedeutung, dass ein Recht zur Geltendmachung von Vorsteuer nur dann besteht, wenn eine nach den gesetzlichen Regeln ausgestellte Rechnung vorliegt. Und ist dies zukünftig eine E-Rechnung, so besteht ein Recht auf Vorsteuerabzug nur, wenn eine E-Rechnung vorliegt. In Ausnahmefällen ist ein Vorsteuerabzug auch ohne E-Rechnung möglich, wenn die FinVerw über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug zu überprüfen. Diesen Nachweis müsste aber der Unternehmer erbringen, der den Vorsteuerabzug begehrt.
Hinweis:
Sehen diese Vorschriften die zwingende Erteilung einer E-Rechnung vor und erhält ein Unternehmer diese nicht, sondern beispielsweise eine Papierrechnung, so besitzt er aus diesem Beleg künftig grundsätzlich kein Recht zum Vorsteuerabzug. Dabei spielt es keine Rolle, ob keine E-Rechnung ausgestellt wurde oder der die Leistung empfangende Unternehmer die E-Rechnung nicht empfangen konnte.
Besonderheiten bei einzelnen Sachverhalten
Auf folgende besondere Sachverhalte ist hinzuweisen:
– Bei Dauersachverhalten – wie z.B. langfristigen Grundstücksvermietungen – wurden in der Vergangenheit oftmals keine Rechnungen erstellt, da die Verträge so ausgestaltet werden konnten, dass sie als Rechnungen gelten. Zukünftig ist aber auch dieser Bereich von der E-Rechnungslegungspflicht betroffen. Sofern eine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung bei einem Dauerschuldverhältnis, wie z.B. einem Mietverhältnis besteht, ist es nach der Äußerung der FinVerw ausreichend, wenn für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird, welcher der zu Grunde liegende Vertrag als Anhang beigefügt wird, oder sich aus dem sonstigen Inhalt klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt.
Für Dauerschuldverhältnisse ist spätestens bis zum Auslaufen der vom Rechnungsaussteller angewendeten Übergangsregelung eine initiale E-Rechnung nach vorstehender Regelung zu erteilen. Dies gilt auch für Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2025 begründet worden sind.
– Für eine Rechnungsberichtigung gelten die gleichen Anforderungen an Form und Inhalt wie für die Ausstellung von Rechnungen. Daher muss die Berichtigung einer E-Rechnung ebenfalls in der für diese vorgeschriebenen Form (unter Verwendung des entsprechenden Dokumententyps) erfolgen. Die Korrektur einer E-Rechnung durch eine sonstige Rechnung (z.B. in Papierform) ist nicht möglich.
– Hinsichtlich der Archivierung von E-Rechnungen gilt, dass der strukturierte Teil einer E-Rechnung so aufzubewahren ist, dass dieser in seiner ursprünglichen Form vorliegt und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden. Eine maschinelle Auswertbarkeit seitens der FinVerw muss sichergestellt sein. Das Drucken und anschließende Löschen des E-Rechnungs-Datensatzes reichen also nicht aus.