Bei der Erbschaftsteuer können Begünstigungen in Anspruch genommen werden für die Übertragung von Betriebsvermögen, für vermieteten Wohnraum und für das selbstgenutzte Familienheim. Im Einzelnen sind insoweit verschiedene Bedingungen zu erfüllen. In der Praxis ist vielfach die Situation so, dass Kinder zu Gesamterben eingesetzt werden. Sind z.B. zwei Kinder als Erben eingesetzt, so erben diese das Vermögen insgesamt in Erbengemeinschaft. Dem folgt dann vielfach aber eine Teilung des Nachlasses im Rahmen einer Erbauseinandersetzung. Das heißt die Erbengemeinschaft einigt sich darauf, wer welche Vermögenspositionen in Alleineigentum übernimmt. Erbschaftsteuerlich kann die entsprechende Steuervergünstigung in einer solchen Konstellation – unter Einhaltung bestimmter Regeln – von dem Erben in Anspruch genommen werden, der im Rahmen der Erbauseinandersetzung das jeweilige Vermögen übernimmt.
Die FinVerw geht bislang davon aus, dass eine solche Übernahme der Steuervergünstigungen an den die Vermögenswerte im Rahmen der Teilung des Nachlasses letztlich übernehmenden Erben nur dann möglich ist, wenn die Teilung des Nachlasses innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt. Diese enge zeitliche Befristung hat der BFH nun mit Entscheidung vom 15.5.2024 (Az. II R 12/21) abgelehnt. Das Gesetz enthält keine zeitliche Frist für die Erbauseinandersetzung. Im Urteilsfall erfolgte die Erbauseinandersetzung etwa drei Jahre nach dem Erbfall.
Entscheidend ist allerdings, dass die Übertragung auf die einzelnen Personen im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Nicht mehr begünstigt ist der Fall, dass zunächst der Nachlass willentlich ungeteilt in Form der Erbengemeinschaft fortgeführt wird und später eine Aufteilung auf die einzelnen Personen der Erbengemeinschaft erfolgt.
Handlungsempfehlung:
Dies verdeutlicht, dass in solchen Vorgängen erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen. Insbesondere ermöglicht der BFH nun, dass die Erbauseinandersetzung sorgfältig vorbereitet wird und die hierfür benötigte Zeit genommen wird. Solche Vorgänge sollten allerdings stets unter Hinzuziehung steuerlichen Rats umgesetzt werden, da im Einzelnen die jeweiligen Voraussetzungen der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen eingehalten werden müssen, damit die materiell oftmals sehr bedeutenden Vorteile der Steuerbefreiungen in Anspruch genommen werden können.