Die unentgeltliche Übertragung von unternehmerischem Vermögen in Form von Einzelunternehmen, Beteiligungen an Personengesellschaften und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ist im Grundsatz nach wie vor schenkung-/erbschaftsteuerlich stark privilegiert. Im günstigsten Fall kann eine völlige Befreiung von der Schenkung-/Erbschaftsteuer erlangt werden. Ob dies gelingt, hängt allerdings von einer Vielzahl an Bedingungen ab, die stets sehr sorgfältig für den Einzelfall zu prüfen sind.
Die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen stehen nun erneut auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. Unter dem Az. 1 BvR 804/22 ist insofern beim BVerfG ein Verfahren anhängig, das insbesondere der Frage nachgeht, ob Erwerberinnen und Erwerber, für die diese Begünstigungsnormen keine Anwendung finden, in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise benachteiligt werden. Beanstandet wird u.a., dass Nachlassgegenstände des Privatvermögens wesentlich höher besteuert werden als identische Gegenstände des Betriebsvermögens. Das BVerfG hatte eine Entscheidung in diesem Verfahren noch für dieses Jahr angekündigt. Der Ausgang dieses Verfahrens ist allerdings völlig offen.
Hinzu kommt, dass aktuell deutliche Verbesserungen beim sog. „90 %-Einstiegstest“ eingetreten sind. Der Gesetzgeber will mit dieser Prüfung verhindern, dass nichtunternehmerisches Vermögen, wie z.B. Grundvermögen oder Kapitalvermögen, in dem Kleid eines Unternehmens begünstigt übertragen wird. Daher werden Unternehmen von der steuerlichen Begünstigung vollständig ausgeschlossen, deren Vermögen zu mind. 90 % aus sog. Verwaltungsvermögen besteht. Mit Urteil v. 13.9.2023 (Az. II R 49/21) hatte der BFH entschieden, dass die gesetzliche Regelung der Berechnung des 90 %-Tests dahingehend auszulegen ist, dass bei Handelsunternehmen, deren begünstigungsfähiges Vermögen aus Finanzmitteln in Form von Forderungen/liquiden Mitteln besteht und nach seinem Hauptzweck einer gewerblichen Tätigkeit dient, für den 90 %-Einstiegstest die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln in Abzug zu bringen sind. Dieser Sichtweise hat sich zwischenzeitlich auch die FinVerw angeschlossen (Ländererlass v. 19.6.2024) und zwar dergestalt, dass über den entschiedenen Sachverhalt hinaus die Anwendung des Urteils nicht auf typische Handelsunternehmen begrenzt ist. Entscheidende Voraussetzung für die Anwendung des 90 %-Tests in der vom BFH getroffenen Auslegung ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften nach seinem Hauptzweck einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient.
Handlungsempfehlung:
Aktuell kann davon ausgegangen werden, dass von Seiten des Gesetzgebers kurzfristig keine Änderungen erfolgen werden. Ob dies nach der nächsten Bundestagswahl so noch gilt, muss abgewartet werden. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Übertragung von Unternehmensvermögen nicht besser werden. Sollen Übertragungen auf die nächste Familiengeneration erfolgen, so kann daher zu prüfen sein, ob diese vorgezogen werden, um die aktuell noch sehr günstigen Rahmenbedingungen zu sichern. Allerdings sind diese Fragen stets bzgl. der Auswirkungen sehr komplex, so dass steuerlicher Rat einzuholen ist.