Die FinVerw hat mit Erlass des FinMin Schleswig-Holstein vom 2.7.2024 (Az. VI 3010-S 2240-190) zur ertragsteuerlichen Behandlung von „digital agierenden Stpfl. (Influencern)“ Stellung genommen. Bei diesen Tätigkeiten werden insbesondere Einnahmen als Werbepartner oder aus Provisionen erzielt. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Aspekte dar, damit in der Praxis bestehender Handlungsbedarf erkannt werden kann.
Handlungsempfehlung:
In der Praxis ist die Kenntnis der ertragsteuerlichen Folgen solcher Tätigkeiten von Bedeutung, da vielfach steuerliche Pflichten begründet werden, denen der Stpfl. nachkommen muss. An dieser Stelle werden nicht aufgegriffen die umsatzsteuerlichen Aspekte einer solchen Tätigkeit. In der Praxis sind auch diese zu beachten.
Einkunftsart:
Aus ertragsteuerlicher Sicht ist im ersten Schritt die Einkunftsart zu bestimmen. Dies hat insbesondere deshalb Bedeutung, weil gewerbliche Einkünfte auch der Gewerbesteuer unterliegen. Ausgangspunkt bei der Bestimmung der Einkunftsart ist eine Analyse des individuellen Falls hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit. Es ist die Frage zu beantworten, welche Einnahmen erzielt werden, welche Vorbildung für die Tätigkeit erforderlich ist und der ausführende Stpfl. hat und wie eng die Verknüpfung der inhaltlichen Tätigkeit z.B. mit der Erzielung von Werbeeinnahmen ist. Auf Grund der Vielzahl an Ausgestaltungsformen muss stets der konkrete Fall beurteilt werden, jedoch können folgende Grundsätze herausgestellt werden:
– Eine gewerbliche Tätigkeit liegt vor, soweit nicht ausnahmsweise eine selbständige Arbeit gegeben ist. Regelmäßig liegen hinsichtlich der Werbeeinnahmen Einnahmen aus Gewerbebetrieb vor. Dies gilt auch, wenn die Tätigkeit ansonsten keinen gewerblichen Charakter hat.
– Der Handel mit eigenen Produkten wie z.B. Kleidung, Schmuck oder Kosmetikprodukten stellt einen typischen Gewerbebetrieb dar.
– Bei der Tätigkeit als Berater muss geprüft werden, ob der Influencer auf Grund seiner Ausbildung eine als Katalogberuf gekennzeichnete freiberufliche Tätigkeit mit seiner Tätigkeit ausübt oder eine vergleichbare Qualifikation vorweist. Wird rein über die eigenen Erfahrungen berichtet, so reicht dies nicht aus, um eine freiberufliche Tätigkeit anzunehmen, sondern es liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor. Nutzt dagegen z.B. eine Rechtsanwältin die sozialen Medien, um z.B. Verbraucher oder Mieter über ihre Rechte zu informieren, so liegt eine freiberufliche Tätigkeit vor. In diesem Zusammenhang erzielte Werbeeinnahmen stellen allerdings gewerbliche Einkünfte dar.
– Wird der Influencer im Rahmen der Produktplatzierung tätig, indem er die positiven Eigenschaften des Produktes hervorhebt, liegt keine künstlerische Tätigkeit vor. Die Werbetätigkeit bietet regelmäßig einen zu geringen Spielraum für die Entfaltung einer eigenen schöpferischen Leistung von künstlerischem Rang.
– Eine schriftstellerische Tätigkeit liegt z.B. bei einem Travel-Influencer nur dann vor, wenn die Reiseberichte objektiv und kritisch erfolgen. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn dieser für einen Auftraggeber im Rahmen einer Vertrauenswerbung tätig wird, z.B. wenn Reise- oder Übernachtungskosten übernommen werden. Wenn ein Reise-Blog als Plattform genutzt wird, um auf dieser Werbung zu schalten und hieraus Einnahmen zu generieren, liegen insoweit gewerbliche Einkünfte vor.
Hinweis:
Steuerlich relevant ist eine solche Tätigkeit stets nur dann, wenn eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht, wenn also über die Gesamtdauer der Tätigkeit ein Überschuss der Einnahmen über die Betriebsausgaben angestrebt wird. Gerade in der Anfangszeit einer Tätigkeit kann dies fraglich sein, so dass insoweit die Einkünfteerzielungsabsicht im Zweifel anhand eines Businessplans darzulegen ist. Besteht keine Einkünfteerzielungsabsicht, so sind die erzielten Einnahmen steuerlich nicht zu berücksichtigen, es können dann aber auch keine Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden.
Einkünfteermittlung:
In der steuerlichen Gewinnermittlung sind den Betriebseinnahmen die Betriebsausgaben gegenüber zu stellen. Hinsichtlich der Betriebseinnahmen ist insbesondere auf folgende Positionen hinzuweisen:
– Durch das Hinterlegen von Links zu kommerziellen (wie z.B. Verkaufsplattformen) und nichtkommerziellen Anbietern auf der eigenen Webseite oder in Videobeiträgen erhalten Influencer regelmäßige Umsatzbeteiligungen, die als Betriebseinnahme zu erfassen sind.
– Oftmals erhalten Influencer von anderen Unternehmen zu bewerbende Produkte oder Dienstleistungen. Hierbei handelt es sich nicht um Geschenke, sondern um ein Entgelt für die Tätigkeit des Bewerbens. Hinsichtlich der überlassenen Produkte ist danach zu differenzieren, ob diese behalten werden dürfen oder ob sie an den Auftraggeber zurückgegeben werden müssen bzw. sich bei der Arbeit verbrauchen.
– Bei den Dienstleistungen oder Produkten, die der Influencer behalten darf, handelt es sich um Einnahmen in Geldeswert, die als Betriebseinnahme mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind.
Zu den Betriebsausgaben gilt insbesondere Folgendes:
– Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Typische Betriebsausgaben können Kosten für die Ausstattung eines Büros, Reisekosten, Miet- und Leasingkosten oder auch Lizenzgebühren sein.
– Aufwendungen für Ernährung, Kleidung und Gesunderhaltung fallen grds. unter das Abzugsverbot für Kosten, die die private Lebensführung berühren.
– Die Kosten für den Erwerb einer Internet-Domain sind als immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren. Regelmäßig sind insoweit aber keine Abschreibungen vorzunehmen, da es sich um ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut handelt.
– Reisekosten für ausschließlich betrieblich veranlasste Reisen (z.B. Messebesuche, Kundentermine) sind als Betriebsausgaben abziehbar. Sind Aufwendungen für eine Reise sowohl betrieblich als auch privat veranlasst und sind die Aufwendungen anhand objektiver Kriterien (z.B. Zeitanteile) aufteilbar, kann der betrieblich veranlasste Teil der Reisekosten als Betriebsausgabe berücksichtigt werden.
– Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig und zwar auch dann nicht, wenn sie ausschließlich bei der Berufsausübung getragen werden.
Von besonderer Bedeutung kann hinsichtlich der Reichweite der Tätigkeit der Name der Person sein. Als Kriterien für die Werthaltigkeit einer solchen Position können hierbei die Reichweite des Influencers (Anzahl der Follower) und auch die Zusammensetzung des Gewinns (Zahlung für Affiliate-Links, Dienstleistungen, eigene Produkte, geschaltete Werbung oder auch direkte Zahlungen für die Verwendung des Namens) herangezogen werden. Steuerlich ist nun insoweit zu differenzieren:
– Der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer natürlichen Person stellt nach der Rechtsprechung des BFH ertragsteuerrechtlich ein immaterielles Wirtschaftsgut dar, das eingelegt werden kann. Ein insoweit eingelegter Wert kann dann über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Dabei kann die Nutzungsdauer regelmäßig mit zehn Jahren angesetzt werden.
– Von dem eingelegten Wirtschaftsgut ist das im Betrieb des Influencers geschaffene immaterielle Wirtschaftsgut, das weder einlagefähig noch abschreibbar ist, zu unterscheiden.
Insoweit ist im Einzelfall zu prüfen, ob bei Aufnahme der (gewerblichen) Tätigkeit ein solcher Wert besteht und eingelegt wird. Ein bloßes „Influencer“-Profil zusammen mit den „Followern“ stellt allerdings noch kein (selbständiges) Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne dar.
Handlungsempfehlung:
In solchen Fällen sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden, weil eine Beurteilung eine genaue Analyse des Einzelfalles erfordert.