a) Bilanzpolitik: Bedeutung der Größenklassen des HGB
Die Anforderungen an die handelsrechtliche Rechnungslegung sind gestaffelt: Kleine Kapitalgesellschaften genießen gegenüber mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften eine Reihe von Vorteilen, so dass auch vor dem kommenden Bilanzstichtag die Schwellenwerte der Größenklassen des HGB für Kapitalgesellschaften genau betrachtet werden sollten. So unterliegen kleine Kapitalgesellschaften insbesondere nicht der gesetzlichen Prüfungspflicht durch einen vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer. Die Aufstellung des Jahresabschlusses kann für diese Gesellschaften später erfolgen. Außerdem sind auch deutlich weniger Pflichtangaben im Anhang zu machen, die Bilanz braucht weniger tief gegliedert zu werden und auf einen Lagebericht kann verzichtet werden. Darüber hinaus existieren noch deutliche Erleichterungen bei der Publizität des Jahresabschlusses im Unternehmensregister, insbesondere braucht die Gewinn- und Verlustrechnung nicht offengelegt zu werden.
Daneben ist aktuell zu beachten, dass große Gesellschaften ab 2025 der Nachhaltigkeitsberichterstattung unterfallen, so dass insoweit die Abgrenzung zur mittelgroßen Gesellschaft von besonderer Bedeutung ist.
Daher sollte zum Jahresende, das ja regelmäßig auch das Ende des Wirtschaftsjahrs darstellt, geprüft werden, ob die jeweiligen Schwellenwerte durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen noch vor dem Bilanzstichtag unterschritten werden können. Allerdings treten die Rechtsfolgen ohnehin erst dann ein, wenn zwei der genannten Merkmale (Schwellenwerte) an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen unter- oder überschritten werden. Die Größenklassen (§ 267 HGB) stellen sich nach der erfolgten Anhebung der Schwellenwerte ab 2024 (genauer: für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen) wie folgt dar:
Kleine GmbH | Mittelgroße GmbH | Große GmbH | |
Bilanzsumme | ≤ 7,5 Mio. € | ≤ 25 Mio. € | > 25 Mio. € |
Umsatzerlöse | ≤ 15 Mio. € | ≤ 50 Mio. € | > 50 Mio. € |
Arbeitnehmer | ≤ 50 | ≤ 250 | > 250 |
Entsprechende Gestaltungsüberlegungen sind auch bei Vorliegen von Tochtergesellschaften bezüglich der Schwellenwerte zur Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses anzustellen. Es besteht dann eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, wenn mindestens zwei der drei nachfolgend genannten Merkmale überschritten werden. Bei der Prüfung der Konzernrechnungslegungspflicht wird zwischen der Brutto- und der Nettomethode differenziert. Bei der Bruttomethode wird aus den Bilanzen der einzubeziehenden Unternehmen lediglich durch Aufaddieren eine Summenbilanz erstellt, bei der Nettomethode wird ein „Probe“-Konzernabschluss einschließlich der erforderlichen Konsolidierungsbuchungen aufgestellt.
Die Schwellenwerte für Konzernabschlüsse (§ 293 HGB) sind nach ihrer aktuellen Anhebung ab 2024 (genauer: für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen) wie folgt gesetzlich festgelegt:
Bruttomethode | Nettomethode | |
Bilanzsumme | ≤ 30 Mio. € | ≤ 25 Mio. € |
Umsatzerlöse | ≤ 60 Mio. € | ≤ 50 Mio. € |
Arbeitnehmer | ≤ 250 | ≤ 250 |
Handlungsempfehlung:
Soweit beabsichtigt wird, gerade das gestaltbar erscheinende Kriterium der Bilanzsumme mit dem Ziel des Unterschreitens der Schwellenwerte zu mindern, können verschiedene sachverhaltsgestaltende wie auch bilanzpolitische Instrumente genutzt werden, deren Einsatz im konkreten Einzelfall zu prüfen wäre (z.B. Aufschub von Investitionen und/oder Außenfinanzierungen, Rückführung von Außenfinanzierungen, sale-and-lease-back-Gestaltungen, Vornahme von Gewinnausschüttungen, Abtretung von Forderungen, Auslagerung von Pensionsverpflichtungen). Diese Instrumente sind in aller Regel bis zum Bilanzstichtag anzuwenden. Unter Hinzuziehung steuerlicher Beratung sollten rechtzeitig die Situation analysiert und mögliche Strategien entwickelt werden.
b) Bilanzpolitik: Besondere Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften
Besondere Erleichterungen werden nach § 267a HGB sog. Kleinst-Unternehmen (Kleinstkapitalgesellschaften) gewährt. Ein Unternehmen wird nach den aktuell anpassten Regelungen dann als Kleinstkapitalgesellschaft oder als Kleinst-GmbH & Co. KG eingestuft, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen jeweils zwei der folgenden drei Größenmerkmale nicht überschritten werden:
– Bilanzsumme (nach Abzug eines etwaigen Fehlbetrags): 450 000 €,
– Umsatzerlöse: 900 000 €,
– Arbeitnehmerzahl im Jahresdurchschnitt: 10 Personen.
Mit dieser Einstufung einher gehen – neben den bereits für kleine Gesellschaften geltenden Erleichterungen – erhebliche Vereinfachungen hinsichtlich des Jahresabschlusses (erhebliche Verkürzung und Vereinfachung der Gliederungen von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, Befreiung von der Aufstellung eines Anhangs) und der Offenlegungspflicht.
Explizit nicht zum Kreis der Kleinst-Unternehmen gehören Unternehmensbeteiligungsgesellschaften sowie Holding- und Beteiligungsgesellschaften, nicht aber solche Holdinggesellschaften, die aktiv in das laufende Tagesgeschäft der Tochtergesellschaften eingreifen (sog. Führungs- oder Funktionsholdings). Reine Komplementär-GmbHs kommen daher schon wegen Haftungsübernahme und Geschäftsführung als Kleinst-Kapitalgesellschaften in Frage.
Hinweis:
Gerade im Hinblick auf die im Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Daten sind die Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften wichtig. Von Bedeutung ist, dass durchaus auch für diese Kleinstkapitalgesellschaften ein ausführlicher Jahresabschluss aufgestellt werden kann, um z.B. gegenüber den Gesellschaftern oder der Hausbank ausreichende Informationen zu geben. Ein weiterer zur Veröffentlichung bestimmter Jahresabschluss kann dann unabhängig davon nach den vereinfachten Regeln für Kleinstkapitalgesellschaften aufgestellt werden.
Handlungsempfehlung:
Vor dem Hintergrund dieser Erleichterungen ist zum Jahreswechsel 2024/2025 zu prüfen, ob die Schwellenwerte für Kleinstkapitalgesellschaften durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen noch vor dem Bilanzstichtag unterschritten werden können.
c) Mindestbesteuerung durch ergebnispolitische Maßnahmen vermeiden
Auch Kapitalgesellschaften unterliegen der mit dem Begriff „Mindestbesteuerung“ bezeichneten gesetzlichen Regelung des § 10d EStG, nach der ein steuerlicher Verlustvortrag im Einzelfall nur begrenzt genutzt werden kann. Konkret ordnet die Vorschrift, deren Verfassungsmäßigkeit derzeit immer noch auf dem Prüfstand des BVerfG steht, an, dass in vorhergehenden Jahren noch nicht verrechnete Verluste in nachfolgenden Gewinnjahren nur noch i.H.v. 1 Mio. € (sog. Sockelbetrag) unbeschränkt verrechnet werden dürfen. Der diesen Sockelbetrag übersteigende Gewinn kann nach den jüngsten Änderungen durch das Wachstumschancengesetz nun für die VZ 2024 bis 2027 zu 70 % sofort verrechnet werden – die übrigen 30 % des Gewinns sind zu versteuern und der nicht verbrauchte Verlustvortrag wird erneut in spätere Jahre vorgetragen. Ab 2028 sollen diese Werte wieder auf 60 % bzw. 40 % zurückgeführt werden.
Handlungsempfehlung:
Unabhängig vom Wachstumschancengesetz sollte aber vor diesem Hintergrund auch der Jahreswechsel 2024/2025 Anlass sein, in Verlustsituationen durch geeignete Maßnahmen das Entstehen oder die Erhöhung eines nur begrenzt abzugsfähigen Verlustvortrags zu vermeiden. Grundsätzlich sollte der drohenden Mindestbesteuerung durch eine frühzeitige Ergebnisplanung, mit deren Hilfe die anfallenden Verluste begrenzt werden, begegnet werden. In Betracht kommt z.B. eine Verbesserung des Ergebnisses der GmbH durch Verzicht des Gesellschafters auf Nutzungs- oder Tätigkeitsvergütungen bzw. Zinsen (ein Verzicht mit steuerlicher Rückwirkung ist allerdings nicht möglich). Ergebnisverbessernd wirken kann auch das Vorziehen gewinnrealisierender Vorgänge auf 2024, z.B. durch Veräußerungen im Unternehmensverbund oder vorgezogene Abnahmen eines Auftrags, ebenso das Verschieben von Aufwendungen, z.B. von Erhaltungs- oder Werbemaßnahmen, in das Jahr 2025.
Hinweis:
Wird für 2024 mit einem positiven Ergebnis gerechnet und bestehen Verlustvorträge, so muss die Wirkung der Mindestbesteuerung geprüft werden, da diese eben trotz ausreichend hoher Verlustvorträge zu einer Steuerbelastung führen kann.
d) Überlegungen zur Ausschüttungspolitik zum Jahreswechsel 2024/2025
Werden aktuell Gewinnausschüttungen geplant, so ist abzuwägen, ob diese noch in 2024 oder aber erst in 2025 erfolgen sollen. Bei dieser Entscheidung sind einerseits die steuerliche Situation der Gesellschaft und andererseits die des Gesellschafters zu berücksichtigen (dabei wird zunächst davon ausgegangen, dass die Rückführung des Solidaritätsschlags als verfassungskonform eingestuft werden wird, dazu sind allerdings auch zum Jahreswechsel 2024/2025 noch zwei Verfahren beim BFH anhängig (eine Vorlage betreffend die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätsschlags hatte das BVerfG mit Datum vom 7.6.2023 als unzulässig verworfen), so dass die weitere Rechtsentwicklung aufmerksam zu beobachten ist):
– Ist der Gesellschafter der GmbH eine natürliche Person und hält er die Geschäftsanteile in seinem steuerlichen Betriebsvermögen, so kommt die Abgeltungsteuer nicht zur Anwendung. Für die Ausschüttungspolitik ist in diesem Fall entscheidungserheblich, in welchem Veranlagungszeitraum der persönliche Spitzensteuersatz niedriger ist; in diesem Veranlagungszeitraum sollte dann ausgeschüttet werden. Dabei kann im Hinblick auf das Geschäftsjahr 2024 ggf. noch in 2024 eine Vorabausschüttung erfolgen, wenn ein Zufluss in 2024 gewünscht ist.
Gleiches gilt, wenn der Gesellschafter die Geschäftsanteile zwar in seinem steuerlichen Privatvermögen hält, die Anwendung der sog. Abgeltungsteuer aber gleichwohl ausscheidet, z.B. weil ein zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligter Gesellschafter beantragt, auf die Anwendung des besonderen Steuersatzes zu verzichten. Auch in diesem Fall werden die Ausschüttungen mit dem tariflichen Einkommensteuersatz besteuert. Ein Vorteil kann für den beantragenden Gesellschafter darin bestehen, dass bei Ausübung des Wahlrechts auch Werbungskosten geltend gemacht werden können, was z.B. bei hohen Refinanzierungskosten der Beteiligung steuerlich zu einem günstigeren Ergebnis führen kann.
– Ist der Gesellschafter der GmbH eine natürliche Person und hält er die Geschäftsanteile in seinem steuerlichen Privatvermögen mit der Folge, dass die sog. Abgeltungsteuer zur Anwendung kommt, macht es i.d.R. keinen Unterschied, ob die Ausschüttung in 2024 oder in 2025 erfolgt. Die Gewinnausschüttung wird in beiden Fällen mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer belastet. Rein aus Sicht des EStG ist eine differenzierte Betrachtung nur in den seltenen Ausnahmefällen erforderlich, in denen der persönliche Grenzsteuersatz unter 25 % liegt und der Gesellschafter im Rahmen der sog. „Günstigerprüfung“ eine teilweise Erstattung der sog. Abgeltungsteuer beantragen kann. Dies kann z.B. gegeben sein, wenn aus anderen Einkunftsquellen Verluste resultieren und sich deshalb eine sehr niedrige steuerliche Bemessungsgrundlage ergibt.
– Ist der Gesellschafter der GmbH seinerseits eine Kapitalgesellschaft, macht es ebenfalls keinen Unterschied, ob die Ausschüttung in 2024 oder in 2025 erfolgt, da derzeit keine Änderung des Steuertarifs bzw. der Steuerbefreiung absehbar ist. Kapitalgesellschaften werden nach der aktuellen Gesetzeslage auch in 2025 weiterhin zum Solidaritätszuschlag herangezogen.