In den Beschlüssen v. 27.5.2024 (Az. II B 78/23 und II B 79/23, AdV) hatte der BFH in Bezug auf die Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Stpfl. ab dem 1.1.2025 entschieden, dass Stpfl. die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden gemeinen Wert ihres Grundstücks nachzuweisen und insoweit in den beiden Verfahren vorläufigen Rechtsschutz gewährt. Hierauf hat die FinVerw nun mit dem koordinierten Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder v. 24.6.2024 reagiert. Insoweit soll bei der Feststellung des Grundsteuerwerts wie folgt vorgegangen werden:
Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer ab 1.1.2025:
– Im Grundsatz seien auf Grund der typisierenden und pauschalierenden Wertermittlung damit einhergehende Abweichungen zwischen dem Grundsteuerwert nach den gesetzlichen Vorgaben und dem Verkehrswert hinzunehmen. Eine solch typisierende und pauschalierende Wertermittlung sei auch verfassungsgemäß, soweit ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall entweder durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden kann.
– Billigkeitsmaßnahmen sind bei der Feststellung von Grundsteuerwerten aber grundsätzlich ausgeschlossen.
– Im Einzelfall bedarf es daher einer verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes. Zur verfassungskonformen Anwendung der Bewertungsvorschriften zur Feststellung von Grundsteuerwerten ist daher ein für die gesamte wirtschaftliche Einheit nachgewiesener niedrigerer gemeiner Wert anzusetzen, wenn der nach den gesetzlichen Vorgaben ermittelte Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt um mind. 40 % übersteigt. Den Stpfl. trifft die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert und nicht eine bloße Darlegungslast.
– Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses i.S.d. §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, dienen. Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann darüber hinaus ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis über den zu bewertenden Grundbesitz dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse der wirtschaftlichen Einheit gegenüber den Verhältnissen am Hauptfeststellungszeitpunkt unverändert sind.
Anwendung:
– Die zuvor geschilderten Grundsätze sollen in allen offenen Fällen zur Anwendung kommen.
– In Fällen, in denen der Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert um mindestens 40 % übersteigt, der Grundsteuerwert aber bestandskräftig festgestellt wurde und die Feststellung nicht mehr nach den Korrekturvorschriften der Abgabenordnung änderbar ist, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung vorliegen.
Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts:
– Im Hinblick auf die Beschlüsse des BFH v. 27.5.2024 gewährt die FinVerw nun Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts, wenn und soweit schlüssig dargelegt wird, dass der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mind. 40 % übersteigt.
– Bei der Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist die Vorlage eines Verkehrswertgutachtens noch nicht erforderlich. Substantiierten Angaben des Stpfl. zur Höhe des Verkehrswerts ist zu folgen. In diesen Fällen soll im Grundsatz 50 % des Grundsteuerwerts von der Vollziehung ausgesetzt werden. Die Aussetzung der Vollziehung soll angemessen befristet und der Stpfl. zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (z.B. durch Vorlage eines Gutachtens) innerhalb dieser Frist aufgefordert werden. Infolge der Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertbescheides ist auch die Vollziehung des hierauf beruhenden Grundsteuermessbescheides (ggf. anteilig) auszusetzen. Die betroffenen Kommunen sind über die Aussetzung zu unterrichten.
Handlungsempfehlung:
Dies verdeutlicht, dass nun deutliche Bewegung aufkommt. In Fällen, in denen die nach dem Gesetz ermittelten Grundstückswerte offensichtlich deutlich über den Verkehrswerten liegen, besteht also dringender Handlungsbedarf, um zu erreichen, dass ab 2025 keine überhöhte Grundsteuer anfällt.