Das FinMin Baden-Württemberg hat am 2.6.2024 einen Katastrophenerlass zur Unterstützung der vom Hochwasser in der Zeit von Ende Mai 2024 bis Anfang Juni 2024 betroffenen Bürger und Unternehmen veröffentlicht. Nahezu inhaltsgleich ist der Erlass des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 4.6.2024. Unternehmen, aber auch natürliche Personen, die von dem Schadensereignis nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, können steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten nutzen. Insbesondere ist auf folgende Maßnahmen hinzuweisen:
– Stundung von Steuerzahlungen: Die geschädigten Stpfl. können unter Darlegung ihrer Betroffenheit die Stundung der bis zum 31.10.2024 fälligen Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer beantragen. Die Stundungen sind grundsätzlich für drei Monate und längstens bis zum 31.1.2025 zu gewähren. Auf die Erhebung von Stundungszinsen und die Gestellung von Sicherheitsleistungen kann im Regelfall verzichtet werden. Eine Stundung der Lohnsteuer ist allerdings ausgeschlossen.
Hinweis:
Eine Stundung der Gewerbesteuerzahlungen wäre bei der jeweiligen Gemeinde zu beantragen.
– Vollstreckungsaufschub: Wird dem Finanzamt auf Grund einer Mitteilung des Vollstreckungsschuldners bekannt, dass der Vollstreckungsschuldner Geschädigter ist, soll bis zum 31.1.2025 die Vollstreckung bei allen bis zum 31.10.2024 fälligen Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer einstweilen eingestellt werden. In diesen Fällen sind die im Zeitraum vom 31.5.2024 bis zum 31.1.2025 verwirkten Säumniszuschläge grundsätzlich zu erlassen.
– Anpassung von Vorauszahlungen: Die geschädigten Stpfl. können bis zum 31.1.2025 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen-/Körperschaftsteuer und auf Anpassung des Gewerbesteuermessbetrags für Vorauszahlungszwecke 2024 stellen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen.
– Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen: Statt einer Zuwendungsbestätigung genügt als Nachweis der Zuwendungen, die bis zum 31.1.2025 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen oder bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger eingezahlt werden, der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking).
– Spendenaktionen: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine z.B. mildtätigen Zwecke fördert (z.B. Sportverein, Musikverein oder Kleingartenverein) oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion zur Hilfe für die Geschädigten des Schadensereignisses erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung unmittelbar selbst für den angegebenen Zweck verwendet. Auch ist es ausnahmsweise unschädlich, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur Hilfe für die Geschädigten des Schadensereignisses einsetzt. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten. Die Körperschaft hat bei der Förderung mildtätiger Zwecke die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung selbst zu prüfen und zu dokumentieren. Bei materiellen und finanziellen Hilfen reicht es aus, wenn die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft gemacht wird. Insoweit kann bei Hilfen bis zu einem Wert von 5 000 € die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit geschädigter Personen unterstellt werden.
Hinweis:
Unterstützungsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, z.B. in den betrieblichen Bereich an von dem Schadensereignis besonders betroffene Unternehmen, an Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen, sind insoweit nicht begünstigt.
– Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme: Aufwendungen des sponsernden Stpfl. sind als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u.a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z.B. auf Bitte um Unterstützung durch die Gemeinde, durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Internet usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht. Durch solche Sponsoringmaßnahmen können vom Hochwasser Betroffene unterstützt werden.
– Verlust von Buchführungsunterlagen: Sind unmittelbar durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen oder sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, so sind hieraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen zu ziehen. Betroffene Stpfl. sollten die Vernichtung bzw. den Verlust zeitnah dokumentieren und soweit wie möglich nachweisen oder glaubhaft machen.
– Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden: Soweit es sich bei den Aufwendungen zum Wiederaufbau ganz oder z.T. zerstörter Gebäude (Ersatzherstellung) nicht um Erhaltungsaufwand handelt, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) von den Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 % vorgenommen werden.
– Sonderabschreibungen bei Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter: Bei beweglichen Anlagegütern, die als Ersatz für vernichtete oder verloren gegangene bewegliche Anlagegüter angeschafft oder hergestellt worden sind, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen werden.
– Für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter kann auf Antrag in besonders begründeten Ausnahmefällen in Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr der Ersatzherstellung bzw. Ersatzbeschaffung die Bildung einer Rücklage zugelassen werden. Die Rücklage darf zusammen 30 % bzw. 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzwirtschaftsgüter nicht übersteigen.
Hinweis:
Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf insgesamt höchstens 600 000 € betragen; sie darf in keinem Jahr 200 000 € übersteigen.
– Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter: Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter können ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt werden, wenn mit der Wiederherstellung innerhalb von drei Jahren nach dem schädigenden Ereignis begonnen wurde und die bisherigen Buchwerte fortgeführt werden. Bei Gebäuden gilt dies allerdings nur, wenn die Aufwendungen 70 000 € nicht übersteigen (dabei ist von den gesamten Aufwendungen auszugehen, auch wenn diese teilweise durch Entschädigungen gedeckt sind). Höhere Aufwendungen als 70 000 € können bei Gebäuden nach Prüfung des Einzelfalls ebenso als Erhaltungsaufwendungen anerkannt werden.
– Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Beim Wiederaufbau von ganz oder teilweise zerstörten Gebäuden gelten die vorstehend geschilderten Regelungen für Betriebsgrundstücke entsprechend.
– Unterstützung an Arbeitnehmer: Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer sind bis zu 600 € im Kalenderjahr lohnsteuerfrei, wenn der Arbeitnehmer vom Schadensereignis betroffen ist. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Schadensereignis zu Schaden gekommen ist. Auch der 600 € übersteigende Betrag führt nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt; hiervon kann bei vom Schadensereignis betroffenen Arbeitnehmern regelmäßig ausgegangen werden.
– Arbeitslohnspende: Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens (a) zu Gunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Schadensereignis betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (auch verbundener Unternehmen) oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder (b) zu Gunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung, so bleiben diese Lohnteile lohnsteuerfrei. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen oder es ist eine schriftliche Verzichtserklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto zu nehmen. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers nicht als Spende berücksichtigt werden.
– Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Beseitigung von Schäden an dem eigengenutzten Wohneigentum können als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Unerheblich ist das Fehlen einer Elementarschadenversicherung.
Hinweis:
Weiterhin sind diverse Hilfsmaßnahmen für Land- und Forstwirte vorgesehen.