In der steuerlichen Gestaltungspraxis besteht nicht selten das Interesse, geplante Sachverhalte hinsichtlich ihrer steuerlichen Wirkungen mit der FinVerw abzustimmen. Dazu stehen insbesondere die gesetzlich vorgesehenen Instrumente der sog. verbindlichen Auskunft, der verbindlichen Zusage und der tatsächlichen Verständigung zur Verfügung, nicht jedoch schlichte „Verabredungen“.
Vor diesem Hintergrund ist das jüngst veröffentlichte rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf vom 10.3.2022 (Az. 9 K 299/21 H) zu sehen, mit dem das FG entschieden hat, dass Verabredungen, die weder tatsächliche Verständigungen noch verbindliche Auskünfte noch verbindliche Zusagen sind, die Finanzbehörde auch nicht binden.
Im konkreten Streitfall hatte – verkürzt dargestellt – eine Stpfl. geklagt, die als ehemalige Gesellschafter-Geschäftsführerin einer T-GmbH als Haftungsschuldnerin für Steuerschulden der T-GmbH in Anspruch genommen wurde. Diese im Inland ansässige T-GmbH (über deren Vermögen in 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde) vertrat bis 2014 internationale Musiker und Ensembles und organisierte innerhalb Europas Konzerte, Festivals und Veranstaltungen, wobei überwiegend Bands in Deutschland vermarktet wurden.
Die streitigen Haftungsbeträge beruhten inhaltlich auf dem Ergebnis einer steuerlichen Betriebsprüfung, die betreffend die Künstler einen fehlenden Steuerabzug nach § 50a EStG bemängelte. Dagegen trug die Stpfl. (erfolglos) vor, dass in 2001 eine Verständigung anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung mit dem seinerzeit (bis 2003) zuständigen FA getroffen worden war, wonach auf den Steuerabzug verzichtet werden konnte. Das FG Düsseldorf hat die Klage abgewiesen und in seiner Begründung folgende Aspekte hervorgehoben, die für den Umgang mit den Finanzbehörden (über den entschiedenen Fall hinaus) besonders relevant sind:
– Eine tatsächliche Verständigung könne nur Tatsachen und nicht etwa Rechtsfragen betreffen und wirke grundsätzlich nicht für die Zukunft.
– Im Streitfall hätten weder eine verbindliche Auskunft für künftig zu verwirklichende geplante Sachverhalte noch eine verbindliche Zusage vorgelegen – beide Institute würden i.Ü. die Schriftform voraussetzen.
– Selbst wenn faktisch ein Einvernehmen mit der FinVerw erzielt worden wäre, würde für die Geschäftsführerin einer GmbH die Pflicht fortbestehen, die einzelnen Geschäftsvorfälle auf ihre steuerliche Relevanz zu prüfen.
Hinweis:
Das Vertrauen in die Ergebnisse früherer Betriebsprüfungen ist also nicht geschützt, da nach dem für Veranlagungssteuern geltenden Prinzip der Abschnittsbesteuerung jeder Sachverhalt für jeden Veranlagungszeitraum durch die FinVerw erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen ist, so dass die Beurteilung in einem Veranlagungszeitraum keine Bindung der FinVerw für spätere Steuerabschnitte entfaltet. Der Betriebsprüfer kann also bei einer späteren Prüfung von einem vorhergehenden Prüfungsbericht abweichen.
Handlungsempfehlung:
Das Urteil des FG Düsseldorf unterstreicht die Notwendigkeit, für geplante Sachverhalte schriftliche Stellungnahmen bei den Finanzbehörden einzuholen (verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage), um für die Zukunft Rechtssicherheit gewährleisten zu können. Das Vertrauen allein auf ein lediglich faktisches Einvernehmen mit dem FA ist jedenfalls rechtlich nicht geschützt.