Für kleinere Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) ist mit Wirkung ab dem Jahr 2022 eine umfassende Steuerbefreiung bei der Einkommensteuer eingeführt worden. Einnahmen z.B. aus der Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz und auch die Entnahme von Strom für den Verbrauch im privaten Haushalt sind steuerfrei bei
– auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandenen PV-Anlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) und
– auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandenen PV-Anlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit.
Insgesamt ist die Steuerbefreiung begrenzt auf begünstigte PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu 100 kWp pro Stpfl.
Hinweis:
Die Steuerbefreiung soll im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 mit Wirkung ab dem Jahr 2024 hinsichtlich der einbezogenen Anlagen einheitlich dahingehend geregelt werden, dass Anlagen erfasst werden, „wenn die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bis zu 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit und insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft beträgt“. Insoweit soll also eine Vereinheitlichung, aber auch Ausweitung des Anwendungsbereichs erfolgen. Auch soll damit „klargestellt“ werden, dass die 100 kWp-Grenze als Freigrenze zu verstehen ist, bei deren Überschreitung der Betrieb aller PV-Anlagen vollständig steuerpflichtig wird. Insoweit ist allerdings abzuwarten, bis diese Gesetzesänderung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 beschlossen ist, was voraussichtlich erst gegen Ende des Jahres der Fall sein wird.
Zunehmend wird aber auch deutlich, dass die Steuerbefreiungsvorschrift für Stpfl. nicht immer vorteilhaft ist, denn vielfach stellte sich die Investition in eine solche PV-Anlage bis zur Einführung der Steuerbefreiungsvorschrift aus steuerlicher Sicht vorteilhaft dar. Insbesondere konnten auf Grund degressiver Abschreibung und Sonderabschreibungen die Investitionskosten vergleichsweise rasch steuerlich geltend gemacht werden, was in den ersten Jahren zu steuerlichen Verlusten und damit Steuerminderungen führte.
Daneben war aber auch im Vorgriff auf die Investition möglich, einen steuermindernden Investitionsabzugsbetrag geltend zu machen. Damit konnten im Ergebnis Abschreibungsbeträge bereits vor der Investition steuerlich geltend gemacht werden. Nun stehen die Fälle im Fokus der FinVerw, bei denen Stpfl. bis einschließlich 2021 Investitionsabzugsbeträge für geplante Investitionen in PV-Anlagen, die ab 2022 unter die Steuerbefreiung fallen, steuerlich geltend gemacht haben. Nach Ansicht der FinVerw sind solche Investitionsabzugsbeträge rückgängig zu machen, so dass der bei der Geltendmachung gewährte Steuervorteil entfällt. Insoweit ergeben sich Steuernachzahlungen, welche zudem regelmäßig mit Nachzahlungszinsen belastet sind.
Diese Sichtweise der FinVerw ist durchaus strittig. Das FG Köln hat nun in einem vorläufigen Verfahren „nach summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel“ an dieser Sichtweise der FinVerw erkannt (Beschluss vom 14.3.2024, Az. 7 V 10/24). Auf Grund der ab 2022 geltenden Steuerbefreiung könne der in 2021 gebildete Investitionsabzugsbetrag nicht mehr entsprechend der gesetzlichen Vorgaben verwendet werden. Insoweit sieht das Gericht in dieser summarischen Prüfung auch keine verfassungswidrige Rückwirkung darin, dass der Stpfl. bei Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags noch gar keine Kenntnis von der rückwirkend eingeführten Steuerbefreiung haben konnte.
Über einen vergleichbaren Fall hatte auch das FG Nürnberg zu entscheiden. Das Gericht hat mit Beschluss vom 1.3.2024 (Az. 5 V 1163/23) ebenso die Rückgängigmachung eines im Jahr 2021 für den Betrieb einer PV-Anlage gebildeten Investitionsabzugsbetrags für rechtmäßig angesehen. Hier hatte das FG bei der gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel daran, dass es an der Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich des Betriebs der PV-Anlage fehlt, weshalb die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages ausgeschlossen war.
Die Gewinnerzielungsabsicht sei zweistufig zu prüfen. Sie besteht aus einer Ergebnisprognose und der Prüfung der einkommensteuerrechtlichen Relevanz der Tätigkeit. Bei einer negativen Prognose sei weiter zu prüfen, welche Gründe dafür verantwortlich sind.
Hinsichtlich der Nutzung des durch die PV-Anlage erzeugten Stroms durch die Stpfl. für private Zwecke liegt eine Entnahme vor, die im Rahmen der Totalgewinnprognose mit den anteiligen Selbstkosten zu bewerten sei. Das FG lehnt insoweit eine Bewertung der Entnahme mit den Marktpreisen ab. Unter Ansatz der Entnahmen zu Selbstkosten und der daneben erzielten Einspeisevergütung ergebe sich vorliegend keine positive Ergebnisprognose.
Auch ist das FG der Auffassung, dass bei summarischer Prüfung für den Streitfall keine ernsthaften Zweifel daran bestehen, dass die Stpfl. die PV-Anlage aus im Bereich der privaten Lebensführung liegenden Gründen betreiben, insbesondere auf Grund Installation einer Wallbox. Auch in der Wirtschaftlichkeitsprognose wird insbesondere der Nutzen der PV-Anlage für die private Elektromobilität hervorgehoben. Dies stellen Gründe und Vorteile dar, die sich außerhalb der einkommensteuerrechtlichen Sphäre der Stpfl. bewegen und damit der privaten Lebensführung zuzuordnen sind.
Hinweis:
Nach Ansicht der FinVerw kann aus Vereinfachungsgründen der Entnahmewert auf Antrag auch aus dem Strompreis des/eines regionalen Energieversorgers abgeleitet oder pauschal mit 0,20 €/kWh angesetzt werden. Bei Ansatz der Entnahme mit den individuellen Stromgestehenskosten (vereinfacht Anschaffungskosten zzgl. weitere laufende Kosten bezogen auf die Gesamterzeugung in 20 Jahren) – wie vom FG erfolgt – dürften sich bei Anlagen auf dem privaten Einfamilienhaus regelmäßig keine positiven Ergebnisprognosen darstellen lassen. Diese erfordern vielmehr den Einbezug des selbstgenutzten Stroms zu Marktpreisen (und nicht mit den entstehenden Kosten).