Veranstaltungen im Bereich der Kunst und Kultur, aber auch auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Bildung, des Sports oder der Unterhaltung werden zunehmend nicht nur in Präsenz, sondern auch über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz angeboten. Teilweise werden Liveveranstaltungen parallel in Echtzeit digital übertragen, teilweise ersetzt die Liveübertragung die persönliche Teilnahme vor Ort sogar vollständig und vielfach werden Livemitschnitte oder vorproduzierte Aufzeichnungen entsprechender Veranstaltungen (wie z.B. Konzerte, aber auch Unterrichts- oder Fitnesskurse) digital zum Auf- und Abruf via Streaming oder Download zur Verfügung gestellt. Insoweit stellen sich Fragen zum Leistungsort, aber auch der Anwendung der Steuerbefreiung für bestimmte Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie Theater, Orchester oder Museen und der Anwendung des ermäßigten Steuerersatzes insbesondere für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.
Zu Online-Veranstaltungsdienstleistungen im B2C-Bereich (Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen und Privatpersonen), insbesondere auch auf dem Gebiet der Kunst und Kultur, hat das BMF mit Schreiben v. 29.4.2024 (Az. III C 3 – S 7117-j/21/10002 :004) Stellung genommen. Herauszustellen sind folgende Aspekte:
Vorproduzierte Inhalte:
– Bei der Bereitstellung einer (auch vorproduzierten) Aufzeichnung einer Veranstaltung durch einen Unternehmer (Veranstalter) in digitaler Form, die durch den Empfänger individuell zu einem späteren festen oder frei wählbaren Zeitpunkt abgerufen werden kann und ausschließlich über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz übertragen wird, handelt es sich um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung. Diese auf elektronischem Wege erbrachte sonstige Leistung wird an dem Ort erbracht, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer ist. Dies setzt das Bestimmungslandprinzip um, wonach Leistungen grundsätzlich dort versteuert werden sollen, wo sie verbraucht werden.
Hinweis:
Abweichend hiervon gilt die Leistung umsatzsteuerlich als am Ort des ausführenden Unternehmens ausgeführt, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte dieser Leistungen an Endverbraucher mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten insgesamt 10 000 € im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Auf diese Ausnahmeregelung kann gegenüber dem Finanzamt mit Wirkung für zwei Jahre verzichtet werden.
– Demgegenüber stellt die Verbreitung und Weiterverbreitung von bereitgestellten vorproduzierten Inhalten im Internet keine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung, sondern eine Rundfunk- bzw. Fernsehdienstleistung dar, wenn diese Inhalte zeitgleich durch einen Rundfunk- oder Fernsehsender übertragen werden. Der Ort dieser Rundfunk- und Fernsehdienstleistung bestimmt sich allerdings ebenfalls nach den vorstehenden Regelungen, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer ist.
– Für diese auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen oder Rundfunk- bzw. Fernsehdienstleistungen kommt weder die Steuerbefreiung für bestimmte Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie Theater, Orchester oder Museen in Betracht, noch ist die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes zulässig.
Live-Streaming:
– Bei der Bereitstellung eines Live-Streaming-Angebotes einer Veranstaltung durch einen Unternehmer (Veranstalter), das parallel zu bzw. anstelle der „Vor-Ort“-Veranstaltung und in Echtzeit erfolgt, handelt es sich nicht um eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung. Wird diese Leistung an Nichtunternehmer erbracht, gilt als Leistungsort der Ort, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat.
– Die Steuerbefreiung für bestimmte Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie Theater, Orchester oder Museen ist anwendbar, sofern die Umsätze von einer nach dieser Vorschrift begünstigten Einrichtung erbracht werden. Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Interaktion mit dem Publikum, die neben verschiedenen Bekundungen wie Beifall, Zugabe etc. (ggf. auch über Button-Funktionen oder soziale Netzwerke) aber auch im bloßen Zuhören bestehen kann und ausschließlich in Echtzeit stattfindet.
– Sofern die Umsätze nicht von einer Einrichtung juristischer Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, kommt für den Verkauf einer digitalen Eintrittsberechtigung zu einem Live-Streaming-Angebot die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes insbesondere für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler in Betracht.
Dienstleistungskommission:
– Erfolgt die Bereitstellung über externe Veranstaltungsportale oder andere Dritte, so ist zu prüfen, ob eine Dienstleistungskommission vorliegt. Dies ist der Fall, wenn ein anderer Unternehmer als der Veranstalter in die Erbringung der sonstigen Leistung (Bereitstellung von Live-Streaming-Angeboten oder Aufzeichnungen) eingeschaltet wird und dieser im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt oder ein Unternehmer in die Erbringung der sonstigen Leistung (Bereitstellung von Live-Streaming-Angeboten oder Aufzeichnungen) eingeschaltet wird, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird.
– Erfolgt das Live-Streaming-Angebot im Rahmen einer Dienstleistungskommission, sind die leistungsbezogenen Merkmale der Steuerbefreiung oder -ermäßigung auf die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung anzuwenden.
Hinweis:
Die Grundsätze sind auch auf andere Online-Dienstleistungsangebote, z.B. im Bildungs- und Gesundheitsbereich, anwendbar. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen sind unter weiteren Voraussetzungen dann umsatzsteuerfrei, wenn die Unterrichtsleistung im Rahmen eines Live-Streaming-Angebots interaktiv erbracht wird. Auch Online-Sprechstunden per Video-Stream mit einem direkten Austausch zwischen dem Patienten und dem Arzt sind unter weiteren Voraussetzungen als Heilbehandlungsleistungen umsatzsteuerfrei.
Handlungsempfehlung:
Im Einzelnen ist die umsatzsteuerliche Prüfung von verschiedenen Aspekten abhängig, so dass stets der Einzelfall unter Hinzuziehung steuerlichen Rats beurteilt werden sollte.
12 Regelmäßig kein Vorsteuerabzug aus Zuschüssen an den Betreiber einer Betriebskantine
Wird eine Betriebskantine unterhalten, in der den Arbeitnehmern verbilligte Mahlzeiten angeboten werden, so ist dies regelmäßig defizitär, so dass der Arbeitgeber diese Tätigkeit bezuschussen muss. Wird ein fremder Betreiber der Betriebskantine eingesetzt, so werden diesem regelmäßig vom Arbeitgeber Zuschüsse gewährt, damit ein Betrieb der Kantine für diesen wirtschaftlich darstellbar ist.
Insoweit stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber bezüglich dieser Zuschüsse an den Betreiber der Betriebskantine zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das FG Düsseldorf hat dies in der Entscheidung vom 18.8.2023 (Az. 1 K 2107/20 U) verneint. Entscheidend ist, dass die bezogene Bewirtschaftungsleistung nicht für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens verwendet wird, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe in Gestalt verbilligter Mahlzeiten an die Arbeitnehmer, welche aus Sicht der Arbeitnehmer privaten Zwecken dienen. Ist eine derartige Verwendung bereits bei Bezug der Leistung geplant, scheidet der Vorsteuerabzug aus.
Hinweis:
Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass im Einzelfall eine andere Sichtweise angezeigt sein kann, nämlich dann, wenn das Vorhalten der Betriebskantine aus betrieblichen Belangen notwendig ist und deshalb das eigene unternehmerische Interesse das private Interesse der Arbeitnehmer an der Verpflegung verdrängt. Ein derartiger Ausnahmefall kann z.B. gegeben sein, wenn die verbilligte Verpflegung der Arbeitnehmer bei einem abseits gelegenen Produktionsbetrieb auch durch ein auf den Stillstand der Fertigungslinien genau abgestimmtes Pausenreglement bedingt ist.