Die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft setzt voraus, dass ein Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Eine vorzeitige Beendigung des Vertrags durch Kündigung ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG nur ausnahmsweise dann unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt.
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des FG Düsseldorf v. 20.11.2024 (Az. 7 K 2466/22 F) zu sehen, mit dem das FG entschieden hat, dass die Corona-Pandemie nicht per se als „wichtiger Grund“ i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG angesehen werden kann, um eine vorzeitige Beendigung eines Gewinnabführungsvertrags als unschädlich anzunehmen.
Im konkreten Streitfall war der Gewinnabführungsvertrag vor Ablauf der fünfjährigen Mindestlaufzeit außerordentlich gekündigt worden. Zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung wurde u.a. vorgetragen, dass die Aufhebung des Vertrags vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und des am 16.3.2020 beschlossenen erstmaligen bundesweiten „Lockdowns“ aus wichtigem Grund erfolgt sei. Auf Grund der geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätte ein steuerlich anzuerkennender Kündigungsgrund vorgelegen. Konkret seien für die Stpfl. die Prognosen in den letzten Märztagen 2020 immer negativer geworden, so dass wahrscheinlich gewesen sei, dass der Organträger auf Grund drohender Verluste erheblich in Anspruch genommen werden würde.
Diese Auffassung haben sowohl das FA wie auch das FG zurückgewiesen mit der Folge, dass die ertragsteuerliche Organschaft von Beginn an steuerlich nicht anerkannt wurde. Das FG beruft sich zur Begründung auf die Rechtsprechung des BFH, nach der es für die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, nicht darauf ankommt, ob gesellschaftsrechtlich oder nach den vertraglichen Vereinbarungen ein wichtiger Grund vorliegt. Vielmehr müsse – so der BFH – objektiv ein wichtiger Grund für die Abkürzung der Mindestlaufzeit bestehen. Anders als im Zivilrecht könne der wichtige Grund, der eine Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags rechtfertigen soll, nicht im Belieben der Parteien stehen. Der wichtige Grund für die Vertragsbeendigung müsse vielmehr nach eigenen steuerrechtlichen Maßstäben objektiv vorliegen.
Das FG stimmt zwar der Ansicht der Stpfl. zu, dass auf Grund der im Jahr 2020 auftretenden Corona-Pandemie in der Gesamtheit geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen aufgetreten sind. Diese lagen unstreitig bei Vertragsabschluss des Gewinnabführungsvertrags im Jahr 2017 noch nicht vor und waren auch nicht absehbar. Dies genüge (unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls) aber nicht, um einen wichtigen Grund für eine Vertragsaufhebung im konkreten Fall zum 31.3.2020 zu begründen. Eine drohende dauerhafte Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Stpfl. als Organgesellschaft, die die Existenz des Organträgers bedrohte, war für das FG nicht feststellbar. Auch aus dem Auftreten der Pandemie selber könne jedenfalls zum 31.3.2020 kein wichtiger Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG abgeleitet werden.
Damit folgt das FG gerade nicht der im Fachschrifttum vertretenen Ansicht, wonach bereits jede Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Annahme einer Kündigung aus wichtigem Grund ausreichen soll. Da die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stetigen Änderungen unterworfen seien, ohne dass dies zwingend erheblichen Einfluss auf die Vertragsbeziehung haben müsse, könnten – so das FG – ansonsten Manipulationen nicht verhindert werden. Ob Pandemieauswirkungen eine unschädliche Kündigung aus „wichtigem Grund“ rechtfertigen, ist vielmehr „im Einzelfall“ unter Würdigung der konkret drohenden und dauerhaften Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zu bewerten.
Hinweis:
Da die Entscheidung vorläufig nicht rechtskräftig ist, ist die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen. Für die Praxis hervorzuheben ist in jedem Fall, dass das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ i.S.d. § 14 KStG für den konkreten Einzelfall sorgfältig begründet werden muss, um nicht rückwirkend die Anerkennung der Organschaft zu gefährden. Die FinVerw nennt als wichtige Gründe beispielhaft die Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation des Organträgers oder der Organgesellschaft sowie die (Teil-)Veräußerung oder Einbringung der Organbeteiligung durch den Organträger.