Mit Urteil v. 20.9.2024 (Az. IX R 5/24) hat der BFH zur steuerlichen Einstufung der entgeltlichen Ablösung des Nießbrauchs an GmbH-Anteilen entschieden,
– dass dieser Vorgang dann nicht steuerbar ist, wenn der Vorbehaltsnießbraucher nicht wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile ist.
– Die Frage, ob das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Anteilen dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen ist, sei Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung durch das FG.
Im konkreten Streitfall, der in der Praxis häufiger vorkommen dürfte, war die steuerliche Behandlung der entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs an Geschäftsanteilen an einer GmbH bei der Nießbrauchsberechtigten strittig. Die Stpfl. übertrug ihre GmbH-Beteiligung (Z-GmbH) im Jahr 2012 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, der insbesondere das Gewinnbezugsrecht umfasste, unentgeltlich auf ihren Sohn. Im Rahmen der Veräußerung der Geschäftsanteile im Jahr 2018 vereinbarten die Stpfl. und ihr Sohn die Aufhebung des Nießbrauchs an den Anteilen an der Z-GmbH gegen Zahlung eines Ablösebetrags. Das FA erfasste den Ablösebetrag im Einkommensteuerbescheid der Stpfl. für das Streitjahr 2018 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 17 i.V.m. § 24 EStG. Dazu stellte das FG Nürnberg mit Urteil v. 29.9.2023 (7 K 1029/21, EFG 2024, 902) fest, dass der Sohn im Jahr 2012 auch wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Geschäftsanteile geworden sei. Denn nach ständiger Rechtsprechung gehe das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil auf einen Erwerber über, wenn dieser auf Grund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbes. Gewinnbezugs- und Stimmrecht) sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.
Bei Nießbrauchsgestaltungen sei insoweit erforderlich, dass der Nießbrauchsberechtigte eine Rechtsposition innehabe, die ihm entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft und insofern dem zivilrechtlichen Gesellschafter gleichstellt. Insoweit stellte das FG für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums insbesondere darauf ab, dass dem Sohn die Veräußerung der Anteile jederzeit möglich gewesen wäre und sich die Stpfl. (trotz der unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht) aus der Gesellschaft zurückgezogen und die Abstimmung in den Gesellschafterversammlungen den Gesellschaftern überlassen hatte.
Basierend auf den Feststellungen des FG folgerte der BFH, dass auf Grund des Übergangs sowohl des zivilrechtlichen als auch des wirtschaftlichen Eigentums der Ablösebetrag für die Aufgabe des Nießbrauchsrechts weder nach § 20 Abs. 2 EStG noch nach anderen Normen steuerlich zu erfassen sein könne. Insbesondere käme eine Erfassung nach § 17 EStG nur dann in Betracht, wenn zumindest wirtschaftliches Eigentum bestehen würde. Zum anderen sei der Ablösebetrag nicht als Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit nach § 17 i.V.m. § 24 EStG von der Stpfl. zu versteuern. Da die Stpfl. nach den Feststellungen des FG bereits mit der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums auch das wirtschaftliche Eigentum verloren hatte, fehle es jedenfalls an der kausalen Verknüpfung zwischen der Zahlung des Ablösebetrags und der Aufgabe der Geschäftsanteile an der Z-GmbH. Infolge des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums wären die Einnahmen von deren Sohn und nicht von der Stpfl. als Einkünfte zu versteuern. Die Vereinnahmung des Ablösebetrags bei der Stpfl. sei daher als nicht steuerbare Vermögensumschichtung einzuordnen.
Hinweis:
Aus diesem für die Stpfl. günstigen Urteil ist abzuleiten, dass im jeweiligen Einzelfall stets geprüft werden muss, ob auf Grund der individuellen Abreden das wirtschaftliche Eigentum beim Nießbraucher (und nicht etwa beim zivilrechtlichen Eigentümer) liegt oder nicht.