Insbesondere die Übergabe eines Betriebes an die nächste Familiengeneration erfolgt vielfach unentgeltlich. Ertragsteuern fallen bei solchen unentgeltlichen Übertragungen nicht an, da vom Betriebsübernehmer die Buchwerte fortzuführen sind, stille Reserven, wie etwa ein Firmenwert, sind somit nicht aufzudecken. Eine etwaige Schenkungsteuer kann zudem beim Übergang von Betriebsvermögen vielfach auf Grund der steuerlichen Privilegierung vermieden werden.
Insoweit hat der BFH nun mit Entscheidung vom 6.5.2024 (Az. III R 7/22) wichtige Detailfragen geklärt. Zur unentgeltlichen Betriebsübertragung stellt der BFH fest, dass
– die Übertragung eines Betriebs unter Familienangehörigen auch dann unentgeltlich sein kann, wenn der Erwerber sämtliche Betriebsschulden übernimmt und das Eigenkapital im Zeitpunkt der Übertragung negativ ist.
– Der Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs gilt im Fall der unentgeltlichen Betriebsübertragung auch für den Rechtsnachfolger, so dass unrichtige Bilanzansätze, die in die nicht mehr änderbare letzte Veranlagung des Rechtsvorgängers (Betriebsübergeber) mit Auswirkungen auf dessen Gewinn oder Verlust Eingang gefunden haben, gegebenenfalls beim Betriebsübernehmer ergebniswirksam zu korrigieren sind.
– Trotz des Grundsatzes des formellen Bilanzzusammenhangs können im Anschluss an eine unentgeltliche Betriebsübertragung nachträgliche Betriebsausgaben des Betriebsübergebers vorliegen, wenn dieser Aufwendungen trägt, die im Zusammenhang mit seiner früheren Betriebsführung stehen.
Abzugrenzen ist zunächst die unentgeltliche Betriebsübertragung von einer entgeltlichen Betriebsübertragung. Eine unentgeltliche Betriebsübertragung im ertragsteuerlichen Sinne ist nicht immer schon dann gegeben, wenn keine Gegenleistung festzustellen ist, sondern setzt voraus, dass der Übertragende beabsichtigt, den Übernehmer im Sinne einer Schenkung zu bereichern. Die Übernahme von Verbindlichkeiten allein führt noch nicht zur Entgeltlichkeit. Eine Betriebsübertragung unter Familienangehörigen kann daher unentgeltlich sein, wenn der Erwerber neben den Aktiva des Betriebs die regelmäßig ebenfalls vorhandenen Passiva des Betriebs (Betriebsschulden) übernimmt. Dies gilt selbst dann, wenn das Eigenkapital im Zeitpunkt der Übertragung negativ ist. Bei einer Betriebsübertragung innerhalb der Familie besteht zumindest eine (widerlegbare) Vermutung, dass die beiderseitigen Leistungen nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind und ein voll unentgeltlicher, mindestens aber ein teilweise unentgeltlicher Vorgang vorliegt.
Aber auch bei der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs gilt der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs für den Rechtsnachfolger. Dieser Grundsatz besagt, dass etwaige Bilanzierungsfehler, die in der fehlerhaften Bilanz nicht mehr korrigierbar sind, in der ersten, verfahrensrechtlich noch offenen Bilanz korrigiert werden müssen. Im Falle der unentgeltlichen Betriebsübertragung gilt insoweit, dass unrichtige Bilanzansätze, die in die bereits bestandskräftige und nicht mehr änderbare letzte Veranlagung des Rechtsvorgängers mit Auswirkungen auf dessen Gewinn oder Verlust Eingang gefunden haben, in der Bilanz des Rechtsnachfolgers ergebniswirksam zu korrigieren sind. Im Streitfall waren Verbindlichkeiten/Verbindlichkeitsrückstellungen nicht passiviert, was in der ersten noch offenen Bilanz des Rechtsnachfolgers nachzuholen war.
Soweit der Betriebsübergeber aber selbst nach Betriebsübergabe noch betriebliche Verbindlichkeiten zu begleichen hatte, die bislang nicht bilanziert waren, liegen bei diesem nachträgliche Betriebsausgaben vor. Nachträgliche, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betreffende Betriebsausgaben sind alle nach der Beendigung der gewerblichen Tätigkeit erbrachten Aufwendungen, die durch die frühere gewerbliche Einkünfteerzielung oder durch die Erzielung nachträglicher gewerblicher Betriebseinnahmen veranlasst sind, soweit sie nicht zu einer rückwirkenden Änderung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns führen. Auch im Anschluss an eine unentgeltliche Betriebsübertragung können nachträgliche Betriebsausgaben entstehen, wenn der Betriebsübergeber Aufwendungen trägt, die mit der früheren Betriebsführung im Zusammenhang stehen.
Hinweis:
Insbesondere die Aussagen des Gerichts zur Angrenzung der unentgeltlichen Betriebsübertragung zeigen den großen Anwendungsbereich in der Praxis auf. Im Einzelfall sollten solche Übertragungen allerdings stets unter Hinzuziehung steuerlichen Rats im Hinblick auf mögliche ertragsteuerliche und auch schenkungsteuerliche Folgen geprüft werden.