Für alle Steuerpflichtigen

Verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes für Aussetzungszinsen

7. November 2024


Besteht Streit über die Höhe der Steuer, so führt dies im Grundsatz nicht dazu, dass der strittige Steuerbetrag nicht gezahlt werden muss. Vielmehr gilt, dass wenn die Auseinandersetzung über die Höhe der Steuer später zu Gunsten des Stpfl. ausgeht, dieser die zu viel gezahlte Steuer zurückerhält. Diese Steuerrückzahlung wird dann auch zu Gunsten des Stpfl. verzinst und zwar aktuell (seit 1.1.2019) mit 0,15 % für jeden Monat, also 1,8 % p.a.





Der Stpfl. kann einen Einspruch gegen einen Steuerbescheid aber auch mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbinden. Bestehen dann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des strittigen Steuerbetrags, so ist dieser zunächst nicht zu zahlen, bis die Höhe der Steuer umfassend geprüft und geklärt ist, also das Rechtsbehelfsverfahren durch Entscheidung, Rücknahme oder Abhilfe beendet wird. Geht dieses Verfahren zu Lasten des Stpfl. aus, so ist der ausgesetzte Steuerbetrag nachzuzahlen. Dies ist dann verbunden mit Aussetzungszinsen. Gesetzlich sind diese aktuell mit 0,5 % je Monat, also 6 % p.a., festgelegt.





Der BFH hat nun verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Aussetzungszinsen geäußert. Er erkennt eine verfassungsrechtlich nicht gebotene Ungleichbehandlung zwischen Stpfl., die die Aussetzung der Vollziehung beantragen und damit das Risiko eingehen, im Fall eines erfolglosen Rechtsbehelfs 0,5 % pro Monat an Zinsen zu zahlen, verglichen mit Stpfl., die den Rechtsbehelf führen, den streitigen Steuerbetrag aber entrichten. Im zu Grunde liegenden Urteilsfall ging es um Aussetzungszinsen für den Zeitraum 1.1.2019 bis 15.4.2021. Diese verfassungsrechtliche Frage legte der BFH nun mit Beschluss vom 8.5.2024 (Az. VIII R 9/23) dem BVerfG zur Entscheidung vor.





Der BFH hält einen Zinssatz für die Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung i.H.v. 0,5 % pro Monat im maßgeblichen Zeitraum für verfassungswidrig. Zumindest während einer anhaltenden strukturellen Niedrigzinsphase ist der gesetzliche Zinssatz der Höhe nach evident nicht (mehr) erforderlich, um den durch eine spätere Zahlung typischerweise erzielbaren Liquiditätsvorteil abzuschöpfen.





Handlungsempfehlung:





Abzuwarten bleibt nun die Entscheidung des BVerfG. Entsprechende Zinsfestsetzungen sollten verfahrensrechtlich offen gehalten werden.


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