Mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 16.8.2023 (Az. 10 K 2082/21) hat das FG Baden-Württemberg betreffend ungeklärte Vermögenszuwächse bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH entschieden,
– dass das Finanzamt die objektive Feststellungslast (Beweislast) für das Vorliegen einer vGA trägt (das FA hatte im Streitfall nicht ausreichend dargelegt, dass unversteuerte Betriebseinnahmen der Kapitalgesellschaft für Zwecke des Gesellschafter-Geschäftsführers verwendet wurden),
– und dass die fehlende Aufklärung der Herkunft von beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächsen regelmäßig nur diesem in seiner Person angelastet werden und bei ihm zu entsprechenden Schlussfolgerungen führen kann.
Im konkreten Streitfall wurde – verkürzt dargestellt – der Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen einer an die FinVerw gerichteten Anzeige beschuldigt, Einnahmen persönlich und zu Gunsten der GmbH nicht der Besteuerung unterworfen und dadurch aus unversteuerten Mitteln beträchtliches in- und ausländisches Vermögen angehäuft zu haben. Die Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle ergaben, dass sich die Aufwendungen für den privaten Lebensunterhalt und die versteuerten Einkünfte nicht deckten. Neben der Verausgabung privater Aufwendungen hatte der Stpfl. seine Verbindlichkeiten gegenüber der GmbH getilgt und zudem noch erhebliche Beträge in bar auf seine privaten Konten eingezahlt. Ausweislich der persönlichen Steuererklärungen des Stpfl. der Jahre 2008 bis 2014 hatte dieser aber nur Arbeitslohn als Geschäftsführer bzw. Arbeitnehmer versteuert. Die FinVerw wertete die Tilgung der Verbindlichkeiten sowie die Bareinzahlungen auf dem Privatkonto als vGA und als (gewinnerhöhende) Betriebseinnahmen der GmbH.
Der Stpfl. erläuterte dazu, er habe private Darlehen aus Osteuropa erhalten. Weitere Barmittel habe er aus der Veräußerung eines Grundstücks an osteuropäische Käufer für die GmbH in bar erhalten und an die GmbH weitergereicht. Die FinVerw wies die darauf gestützten Einsprüche als unbegründet zurück, da die Angaben des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht plausibel und nicht nachvollziehbar seien. So sei insoweit nicht feststellbar, woher die Mittel für Einlagen in das Betriebsvermögen stammten, so könne der Schluss gerechtfertigt sein, dass diese aus unversteuerten Einnahmen stammen.
Das FG hat die umstrittenen Steuerbescheide als rechtswidrig verworfen und im Rahmen seiner Begründung u.a. folgende Aspekte herausgestellt:
– Im Streitfall habe das FA nach Aktenlage keine bei der GmbH eingetretene verhinderte Vermögensmehrung nachweisen können. Es sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass unversteuerte Betriebseinnahmen der GmbH vorliegen, die für Zwecke des Gesellschafter-Geschäftsführers verwendet wurden.
– Die Kapitalzuführungen seien im Streitfall zwar unaufgeklärt, rechtfertigten jedoch nicht den von dem FA gezogenen Schluss darauf, dass diese auf nicht versteuerten Einnahmen der GmbH beruhen und diese Einnahmen für Zwecke des Gesellschafters verwendet wurden.
– Auch betreffend die Verwendung erheblicher Barbeträge zur Rückführung der durch die GmbH gewährten Darlehen an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer könne regelmäßig nicht gefolgert werden, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen in Höhe der Rückführungen erzielt habe.
Hinweis:
Zu einem vergleichbaren Ergebnis ist jüngst auch das FG Münster mit seinem rechtskräftigen Urteil v. 18.5.2022 (Az. 10 K 261/17) gelangt. Hier hat das FG Münster auf der Basis der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass in Fällen, in denen nicht bei der Kapitalgesellschaft selbst, sondern beim Gesellschafter-Geschäftsführer ungeklärte Vermögenszuwächse festgestellt werden, alleine auf Grund dieser Feststellung nicht die Schlussfolgerung gezogen werden könne, dass die Kapitalgesellschaft entsprechende bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt hat. Vielmehr könne aus einer fehlenden Aufklärung der Mittelherkunft beim Gesellschafter-Geschäftsführer auf bei ihm bisher steuerlich nicht erfasste Einnahmen aus Eigengeschäften zu schließen sein. Das FG bezieht sich u.a. auf das Urteil des BFH v. 26.2.2003 (Az. I R 52/02), nach dem allein auf Grund festgestellter ungeklärter Vermögenszuwächse eben nicht der Schluss gezogen werden kann, die Kapitalgesellschaft hätte entsprechende bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt.