Die Annahme des Vorliegens sog. verdeckter Gewinnausschüttungen (die gesetzlich nicht näher definiert sind) hat die Rechtsprechung an diverse Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft, u.a. an das Vorliegen einer „Vermögensminderung“ bzw. einer „verhinderten Vermögensmehrung“ auf der Ebene der Kapitalgesellschaft.
Mit seinem zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 11.12.2024 (Az. I R 41/21) hat der BFH zu der Tatbestandsvoraussetzung der „verhinderten Vermögensmehrung“ bei vGA entschieden, dass bei Parallelimporten von (Original-)Arzneimitteln (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) eine verhinderte Vermögensmehrung bei der konzerneigenen Vertriebsgesellschaft (inländischer Vertrieb) zu Gunsten der Konzernmuttergesellschaft (Höhe des Verrechnungspreises) nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden kann, dass der Parallelimport nicht im eigentlichen Interesse der Konzernmutter liegt. Denn die Vertriebsgesellschaft übe ihre Marketingaktivitäten im Interesse des Gesamtkonzerns aus, der wirtschaftlich auch von den Parallelimporten profitiere.
Im konkreten Streitfall war – verkürzt dargestellt – der Ansatz einer vGA zu Gunsten einer im Ausland ansässigen Konzernmutter eines Pharmakonzerns umstritten. Die Vermarktung der Originalprodukte erfolgte – sehr verkürzt dargestellt – im Inland durch die A-GmbH, die in diesem Rahmen Bonuszahlungen an die Außendienstmitarbeiter zu leisten hatte, bei deren Berechnung auch die Abnehmerumsätze aus sog. Parallelimporten anteilig eingeflossen waren. Die Parallelimporte erhöhten entsprechend Umsatz bzw. Gewinn des Konzerns, ohne dass die GmbH eine Vergütung von den Parallelimporteuren beziehungsweise der Muttergesellschaft erhielt.
Der BFH hat dazu folgende – über diesen besonders gelagerten Fall der Pharmabranche hinausweisende – Feststellungen getroffen, die allgemein bei der Würdigung möglicher vGA zu betrachten sein sollten:
– VGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind nach ständiger Rechtsprechung solche Vermögensminderungen (verhinderte Vermögensmehrungen), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirken und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen.
– Regelmäßig bejahe der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
– Zudem müsse der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.
– Eine Vorteilseignung könne sich bei einer vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung insbesondere auch daraus ergeben, dass der Gesellschafter eigenen Aufwand erspart, weil die Gesellschaft ihn trägt.
– Eine solche Aufwandsersparnis bei der Konzernmuttergesellschaft und damit aus der Sicht der Tochtergesellschaft eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste verhinderte Vermögensmehrung könne dann vorliegen, wenn wie im Streitfall die Tochter Aufwendungen für den Vertrieb übernehme, die auch der Mutter zugutekommen würden. Insoweit könne davon ausgegangen werden, dass eine Weiterbelastung von (anteiligen) Kosten fremdüblich wäre.
Hinweis:
Der BFH hat diese Entscheidung auf der Basis seiner bisherigen Rechtsprechung sehr klar nachvollziehbar abgeleitet. Im Schrifttum wird dazu ausgeführt, dass der Geschäftsführer einer Vertriebsgesellschaft „nichts zu verschenken“ habe und somit eine Vergütung unter Fremden verlangen würde. Insbesondere für die Praxis der sog. Verrechnungspreise wird daher empfohlen, zwischen den Konzerngesellschaften eine entsprechend angemessene Vergütung vertraglich zu vereinbaren.