Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

VGA: Vorteilseignung einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Grund ersparten Aufwands

17. März 2025


Mit seinem Urteil vom 22.5.2024 (Az. I R 2/21) hat der BFH zur Frage des Vorliegens einer verhinderten Vermögensmehrung bei verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und entschieden,





–  dass sich bei einer vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung eine Vorteilseignung daraus ergeben kann, dass der Gesellschafter eigenen Aufwand erspart (die Aufwandsersparnis könne sich auch aus dem Verzicht auf die Vereinbarung eines Erstattungs- bzw. Ausgleichsanspruchs ergeben),





–  und dass der Ansatz einer verhinderten Vermögensmehrung in dem Zeitpunkt zu erfolgen hat, zu dem der Vermögensvorteil, der zu erzielen unterlassen wurde, hätte bilanziert werden müssen.





Im konkreten Streitfall hatte – vereinfacht dargestellt – eine GmbH geklagt (Stpfl.), die über ihre Muttergesellschaft in den US-amerikanischen Mutterkonzern X eingebunden war. Die Stpfl. erhielt von der ausländischen Fa. J aus Venezuela Aufträge, die die GmbH letztlich aber nicht erfüllte, da die USA Venezuela mit einem Wirtschaftsembargo belegten und der Konzern die Stpfl. anwies, die von J erteilten Aufträge nicht mehr weiter auszuführen. In der Folge erhob die Fa. J Anfang 2009 in Venezuela gegen die GmbH Klage wegen Nichterfüllung der genannten Aufträge und machte Schadensersatzforderungen geltend. Die GmbH leistete nachfolgend Schadensersatzzahlungen (und hatte zudem Verfahrenskosten zu tragen), für die sie zuvor entsprechend Rückstellungen bildete bzw. aufstockte.





Zu diesem Sachverhalt vertrat das beklagte FA die Auffassung, dass die Zahlung der Verfahrenskosten und des Schadensersatzbetrages durch die Stpfl. ebenso wie die der Stpfl. im Zusammenhang mit der Auftragsausführung entstandenen Kosten und der der Stpfl. durch die Nichtfortführung der Aufträge entgangene Gewinn vGA darstellten. Die Auftragsstornierung sei allein im Interesse der Konzernmutter erfolgt.





Das Schleswig-Holsteinische FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.





Der BFH hat dieses Urteil aufgehoben, die Sache zurückverwiesen und in seiner Entscheidung u.a. darauf abgestellt, dass eine vGA unter dem Gesichtspunkt einer verhinderten Vermögensmehrung wegen fehlender Vorteilseignung (sonstiger Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) vorliegen könne. Denn eine Vorteilseignung könne sich bei einer vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung insbesondere auch daraus ergeben, dass der Gesellschafter eigenen Aufwand erspart, weil die Gesellschaft ihn trägt. Eine solche Aufwandsersparnis könne sich auch aus dem Verzicht auf die Vereinbarung eines Erstattungs- bzw. Ausgleichsanspruchs ergeben. Eine solche Aufwandsersparnis komme auch im Streitfall in Betracht. Denn wenn der Mutterkonzern X die (Tochter-)GmbH durch eine erteilte Weisung zu einem Vertragsbruch veranlasst haben sollte, ohne dafür eine fremdübliche Gegenleistung zu erbringen, hätte sie insoweit Aufwand erspart. Schließlich hätte X der (Tochter-)GmbH ja eine Schadensübernahme und einen Gewinnausgleich auch verbindlich zusagen können, um sie zum Vertragsbruch zu bewegen.





Hinweis:





Das FG wird im nächsten Zug substanzielle Feststellungen zum Inhalt des US-Embargos zu treffen haben. Denn der Vertragsbruch wäre dann nicht durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst gewesen, wenn sich eine entsprechende Verpflichtung der GmbH bereits aus dem Embargo ergeben hätte. Der Vertragsbruch wäre zudem auch dann nicht durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst, wenn ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter (der GmbH) sich auch ohne entsprechende Weisung auf Grund der im Falle einer Vertragsfortführung gegebenenfalls drohenden wirtschaftlichen Folgen für den Vertragsbruch entschieden hätte.





Dieses Urteil des BFH verdeutlicht jedenfalls, dass die meisten Sachverhalte schon anhand der Fragestellung gelöst werden können, ob die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zugewandt hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Nur noch in Ausnahmefällen wird danach zusätzlich das Tatbestandselement der Vorteilsgeneigtheit näher betrachtet werden müssen.


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