Die Anerkennung einer umsatzsteuerlichen Organschaft setzt nach § 2 Abs. 2 UStG voraus, dass eine GmbH als Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Auf den Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags (wie er bei der Körperschaftsteuer erforderlich ist) kommt es nicht an, die umsatzsteuerliche und körperschaftsteuerliche Organschaft sind also nicht deckungsgleich. Liegt nun eine umsatzsteuerliche Organschaft vor, so ist diese nicht Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuerrechts, vielmehr versteuert der Organträger alle Umsätze des Organkreises. Umsätze innerhalb des Organkreises sind als Innenumsätze nicht steuerbar. Dies kann z.B. dann bedeutsame Vorteile mit sich bringen, wenn vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze erbracht werden.
Mit seinem Beschluss v. 13.3.2024 (Az. V B 67/22) hat der BFH in einem Verfahren über die Nichtzulassung der Revision zur umsatzsteuerlichen Organschaft entschieden, dass der Organträger bei der Organgesellschaft seinen Willen durchsetzen können muss, und dass die organisatorische Eingliederung durch personelle Verflechtung über leitende Mitarbeiter des Organträgers bedingt, dass der Organträger als Mehrheitsgesellschafter der Organ-GmbH seine Weisungsbefugnisse gegenüber seinem leitenden Mitarbeiter in dessen Eigenschaft als Geschäftsführungsorgan der Organgesellschaft auch gesellschaftsrechtlich bei der Organgesellschaft durchsetzen kann (so z.B. BFH v. 7.7.2011, V R 53/10, BStBl II 2013, 218).
Im konkreten Streitfall war im Streitzeitraum September 2020 die Stpfl., eine AG, Alleinaktionärin einer anderen A-AG. Im Streitzeitraum bestand die einzige Tätigkeit dieser A-AG in der entgeltlichen und umsatzsteuerfreien Vermietung von zwei in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften an die Stpfl., welche diese als Bürogebäude nutzte. Der Vorstand der A-AG bestand aus zwei Personen, die beide Mitarbeiter im Facilitymanagement der Stpfl. und bei dieser nicht als leitende Angestellte im arbeitsrechtlichen Sinne tätig waren. Der BFH hat für diese Konstellation das Vorliegen der organisatorischen Eingliederung verneint und in diesem Rahmen seine Rechtsprechung auch zur umsatzsteuerlichen Organschaft bei GmbH wie folgt bestätigt:
– Ein Organträger müsse seinen Willen in der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft tatsächlich durchsetzen können. Das sei vorliegend für die A-AG zu verneinen, da der Vorstand als für die Geschäftsführung einer AG zuständiges Organ nach § 76 Abs. 1 AktG die Geschäfte der AG unter eigener Verantwortung leitet und dementsprechend weisungsfrei ist.
– Bei GmbH sei die organisatorische Eingliederung einer GmbH bei einer teilweisen personellen Verflechtung über die Geschäftsführungsorgane demgegenüber zu bejahen, wenn einer von mehreren einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Organ-GmbH auch Geschäftsführer der Organträger-GmbH ist, der Organträger über ein umfassendes (gesellschaftsrechtliches) Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der Organ-GmbH verfügt und er zur Bestellung und Abberufung aller Geschäftsführer der Organ-GmbH berechtigt ist. Unter diesen Voraussetzungen sei eine organisatorische Eingliederung auch anzunehmen, wenn einer der Geschäftsführer der Organgesellschaft nicht Mitglied des Geschäftsführungsorgans, sondern lediglich leitender Mitarbeiter des Organträgers ist. Die Stpfl. war den als Vorstandsmitgliedern der A-AG bestellten (einfachen) Mitarbeitern der Stpfl. gegenüber nicht weisungsbefugt. Nur über gesellschaftsrechtliche Weisungsbefugnisse gegenüber dem Vorstand wäre die Stpfl. in der Lage gewesen, ihren Willen in der laufenden Geschäftsführung der A-AG durchzusetzen.
Hinweis:
Für die Gestaltungspraxis ist nach diesem – die höchstrichterliche Rechtsprechung fortführenden – Beschluss i.Ü. anzumerken, dass eine organisatorische Eingliederung auch ohne personelle Verflechtung der Leitungsorgane dargestellt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung der (potenziellen) Organgesellschaft in anderer Weise gewährleistet ist. Erforderlich dazu sind schriftlich fixierte Vereinbarungen über die Entscheidungsbefugnis des (potenziellen) Organträgers, die Möglichkeit der Offenbarung dieser Vereinbarungen gegenüber Dritten und die Haftung der Geschäftsführer der (potenziellen) Organgesellschaft bei Verstoß gegen Anweisungen des Organträgers (die FinVerw nennt insoweit beispielhaft die Geschäftsführerordnung oder die Konzernrichtlinie, zudem wird der Abschluss eines Beherrschungsvertrags als institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit anerkannt).