Wohnungsbaugenossenschaften sind ein wichtiges Instrument, um Wohnungsbau finanzieren zu können. Nicht zuletzt wirken sich auch die steuerlichen Vorteile der Wohnungsbaugenossenschaften positiv aus. So sind Wohnungsbaugenossenschaften im Grundsatz von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit. Die Steuerbefreiung wird gewährt, soweit sich die Tätigkeit der Genossenschaft auf das Herstellen oder Erwerben von Wohnungen bezieht, welche sie den Mitgliedern auf Grund eines Mietvertrags oder auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlässt. Hinzu kommt eine Steuerbefreiung bei der Grundsteuer. Nicht begünstigt ist insbesondere die Überlassung von Räumen für gewerbliche Zwecke. Bei Ausschüttung der Gewinne einer steuerbefreiten Wohnungsbaugenossenschaft an die Genossen haben diese, wie die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auch, Kapitalerträge zu versteuern. Diese unterliegen grds. der Abgeltungsteuer von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.
In diesem Zusammenhang hatte der BFH nun über ein in der Praxis gelegentlich vorzufindendes Modell zu urteilen. Im Streitfall ging es um eine Wohnungsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern die Möglichkeit bot, zusätzliche Geschäftsanteile zu übernehmen, welche ausdrücklich von Gewinnausschüttungen ausgeschlossen waren, aber eine Verringerung der Nutzungsgebühr für die Wohnraumüberlassung bewirkten. Die Genossenschaft ging insoweit davon aus, dass diese Vorteile bei den Genossen nicht zu Kapitalerträgen führen würden. Dies sah der BFH nun aber mit Urteil vom 22.10.2024 (Az. VIII R 23/21) anders. Dieser entschied, dass der geldwerte Vorteil auf Grund der Nutzungsentgeltminderung zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führt, wenn die Minderung des Nutzungsentgelts für eine Genossenschaftswohnung durch den Erwerb zusätzlicher Genossenschaftsanteile veranlasst ist.
Die Minderung des von den Genossen an die Genossenschaft zu zahlenden Nutzungsentgelts erfüllte als geldwerter Vorteil den weiten Begriff der Einnahme i.S.d. Einkünfte aus Kapitalvermögen und sei durch den Erwerb zusätzlicher freiwilliger Genossenschaftsanteile und damit durch das Genossenschaftsverhältnis bedingt und veranlasst. Insbesondere betont das Gericht, dass es der Annahme eines steuerbaren Kapitalertrags nicht entgegensteht, dass sich der Vorteil der Genossen (Nutzungsentgeltminderung) und der Ausgleich auf Ebene der Genossenschaft (keine Gewinnausschüttung auf die freiwilligen Anteile der Stpfl. und damit verbunden eine zinslose Kapitalnutzung) wertmäßig möglicherweise ausgeglichen gegenüberstanden.
Unerheblich sei auch, wie der Vorgang auf Ebene der Genossenschaft steuerlich behandelt worden ist. Selbst wenn bei der Genossenschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung nach Maßgabe der im Streitfall von der Genossenschaft gestellten verbindlichen Auskunft bei der FinVerw nicht angesetzt worden sein sollte, ergibt sich daraus nicht, dass der geldwerte Vorteil in Form der Nutzungsentgeltminderung auch auf Ebene des Genossenschaftsmitglieds nicht steuerbar sein muss. Insoweit ergibt sich keine Bindungswirkung.
Handlungsempfehlung:
Solche Modelle sind unter Hinzuziehung steuerlichen Rats sehr sorgfältig auszugestalten. Soll eine Klärung der steuerlichen Würdigung mit der FinVerw erfolgen, so bedarf dies des Einbezugs sowohl der Genossenschaft als auch aller betroffener Genossen, damit eine Bindungswirkung eintritt.